In Frankreich soll es den ersten bekannten Fall eines HIV-infizierten Kindes geben, bei dem eine Langzeit-Remission festgestellt wurde. Forscher mahnen zur Vorsicht bei der Interpretation der Ergebnisse.
Zwölf Jahre nach der Einstellung einer medizinischen Behandlung zeigt eine junge HIV-infizierte Französin keinerlei Krankheitsanzeichen. Die 18-Jährige gelte zwar nicht als geheilt, ihr gehe es aber ohne Medikamente gut, hieß es am Montag in einer in Vancouver vorgestellten Studie des Pariser Pasteur-Instituts. Es handelt sich demnach um den ersten weltweit bekannten Fall eines HIV-infizierten Kindes, bei dem eine sogenannte Langzeit-Remission, also das Ausbleiben von Krankheitssymptomen, festgestellt worden sei.
Die Familie des Mädchens entschied der Studie zufolge, die Behandlung im Alter von sechs Jahren einzustellen. Als es ein Jahr später erneut behandelt werden sollte, sei eine "nicht nachweisbare Virenlast" festgestellt worden. Die Ärzte entschieden daraufhin, die Behandlung nicht fortzusetzen und das Kind stattdessen zu beobachten. Den Wissenschaftlern zufolge könnte der Fall zeigen, dass eine sofortige Behandlung nach einer HIV-Infektion essenziell ist. Das Mädchen hatte sich entweder im Mutterleib oder bei der Geburt infiziert.
Nur keine falsche Hoffnung
Der Studie zufolge lässt der Fall die Hoffnungen für die Aussichten einer frühzeitigen Behandlung steigen. Je früher HIV-Infizierte antiretrovirale Medikamente einnehmen, desto besser, lautete auch das Ergebnis der im Mai vorgestellten Start-Studie (Strategic Timing of Antiretroviral Treatment). Diese kam zu dem Schluss, dass ein Therapiebeginn ohne Verzug nach einer HIV-Diagnose sowohl die Sterblichkeit als auch das Risiko, mit der Infektion einhergehende Krankheiten zu entwickeln, deutlich verringert.
Im Fall der 18-jährigen Französin mahnten Forscher zur Vorsicht bei der Interpretation der Ergebnisse. Ärzte sollten ihren Patienten deshalb natürlich nicht zur Einstellung ihrer Behandlung raten. In der Regel gehe das aktuell auch nur ein paar Jahre gut. Acht bis zehn Jahre ist die durchschnittliche Lebenserwartung eines unbehandelten HIV-Patienten. Mitunter gehe es aber auch viel schneller, weiß der Wiener Allgemeinmediziner und HIV-Spezialist Karl Heinz Pichler.
Für ihn gäbe es neben jenen, die eine Therapie verweigern - oder jenen, die lange nichts von ihrer Infektion wissen und deshalb erst spät behandelt werden - auch ein anderes Problemfeld. Durch die mittlerweile gut verträgliche Therapie, sinkt besonders bei jungen Menschen immer mehr das Risikobewusstsein für eine HIV-Ansteckung.
>> Interview über "Late Presenter", Therapieverweigerer und fehlendes Risikobewusstsein.
(APA/sh. )