Arbeitslosigkeit: „Das größte Hindernis ist das Alter“

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Das Sozialministerium kontert einer Untersuchung zur Beschäftigung Älterer: Laut IHS-Studie erhöht höherer Lohn im Alter nicht das Risiko, arbeitslos zu werden.

Wien. Die steigende Arbeitslosigkeit Älterer ist nicht auf das Senioritätsprinzip, also auf steigendes Einkommen bei höherem Alter, zurückzuführen. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie des Instituts Höherer Studien (IHS), die Sozialminister Rudolf Hundstorfer (SPÖ) am Dienstag präsentiert hat.

Das IHS hat 30 Kollektivverträge in sieben Branchen analysiert. Das Ergebnis: Die Altersarbeitslosigkeit ist dort am höchsten, wo das Senioritätsprinzip gar nicht zur Anwendung kommt, nämlich bei den Arbeitern. Dort, wo es die höchsten Einkommensunterschiede zwischen Jungen und Alten gibt, nämlich bei den Angestellten der Finanz- und Versicherungsdienstleister, ist die Arbeitslosigkeit im Alter gering.

Im Branchenvergleich konnten die Wirtschaftsforscher keinen signifikanten Zusammenhang zwischen Senioritätsindex und Arbeitslosenquote Älterer feststellen. Höhere Löhne wirken sich demnach nicht beschäftigungsmindernd aus. Wer allerdings seinen Job einmal verloren hat, findet ab 50 meist erst später eine neue Arbeitsstelle. Viele müssen da auch Abstriche beim Gehalt hinnehmen. Das größte Hindernis für den Wiedereinstieg sei aber das Alter selbst, nicht die kollektivvertraglichen Bestimmungen, so IHS-Experte Marcel Fink, einer der Autoren der Studie. Wer in einer Branche ohne nennenswerte Lohnsteigerungen arbeitet, tut sich nämlich genau so schwer, einen neuen Job zu finden.

IHS-Experte Helmut Hofer weist darauf hin, dass höhere Arbeitslosigkeit im Alter auch demografische Gründe haben könnte: Es gebe ganz einfach mehr Menschen in dieser Altersklasse.

Wirtschaft: Gehälter senken

Im Gegensatz zum IHS war das Wirtschaftsinstitut Agenda Austria kürzlich zu dem Ergebnis gekommen, dass eine Lohnsenkung für ältere Beschäftigte und die Umstellung vom Senioritätsprinzip zum Leistungsprinzip bei den Gehältern sinnvoll wäre.

Die Sozialpartner reagierten darauf völlig unterschiedlich: „Inhaltlich ist das ein Vorschlag, den ich teile“, erklärte Wirtschaftsbund-Generalsekretär Peter Haubner (ÖVP) der „Presse“. Man sei für eine Adaptierung bei den Einstiegsgehältern für Junge und eine Anpassung bei Älteren, bei der aber deren Erfahrung berücksichtigt werden müsse.

„Das ist so was von kontraproduktiv“, beklagt hingegen der Chef der Gewerkschaft Bau-Holz, Josef Muchitsch (SPÖ), „für mich als Gewerkschafter ist das ein Wahnsinn“. Mit ständigen Forderungen nach einem Verzicht bei den Löhnen zu kommen, „ist ja irrsinnig“. Für Muchitsch hat die Umsetzung des Bonus-Malus-Systems, damit Ältere länger im Beruf bleiben, Vorrang. Er ist zuversichtlich, dass es nach langem Konflikt doch zu einer Lösung kommt: „Die Bundesregierung ist hier hinter den Kulissen sehr bemüht.“ (maf/ett)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.07.2015)

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