Asylwerber als Terrorist: IS-Vorwurf fiel, aber harte Strafe

Archivbild: Z. beim Prozessauftakt im Jänner
Archivbild: Z. beim Prozessauftakt im JännerAPA/HERBERT PFARRHOFER
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Der Terrorprozess gegen Magomed Z. endete in der Nacht auf Mittwoch mit fünf Jahren Haft. Dieses harte Urteil - eine Mitgliedschaft im "Islamischen Staat" ist nicht enthalten - wird nun aber vom OGH geprüft.

Der „Negativrekord“ hielt ein Monat: Am 16. Juni bekam der Familienvater Yunus F., ein in Wien lebender Gelegenheitsarbeiter mit türkischen Wurzeln, die bisher höchste Strafe wegen Mitgliedschaft in der Terrororganisation „Islamischer Staat“ (IS): Drei Jahre Gefängnis. F. hatte für tschetschenische Flüchtlinge Reisen in den Jihad organisiert.

In der Nacht auf Mittwoch, in einem wahren Verhandlungs- und Hitze-Marathon im Landesgericht Krems, erhielt der tschetschenischer Asylwerber Magomed Z. (30) eine deutlich härtere Sanktion – die strengste, die bisher gegen einen Jihadisten ausgesprochen wurde: fünf Jahre Gefängnis. Beide Urteile sind noch nicht rechtskräftig.

So wie F. war auch Z. wegen IS-Mitgliedschaft angeklagt gewesen. Später wurde die Anklage weiter gefasst („IS oder ein anderes radikal-islamisches Terrornetzwerk“). Im Urteil fiel der IS-Vorwurf weg. Stattdessen war es dann – erstmals im Rahmen der Jihadisten-Prozesse – Mitgliedschaft in der gegen das Assad-Regime kämpfenden Islamistengruppe Ansar al-Sham. Zudem wurde Z. wegen des Vergehens „Pornografische Darstellungen Minderjähriger“ verurteilt. Auf seinem Handy waren entsprechende Fotos heruntergeladen gewesen. Z. hatte diese – ebenso wie jede Menge Syrien-Selfies von sich selbst in Kampfausrüstung – zwar gelöscht. Ermittler hatte die Bilder aber wieder „hervorgezaubert“.

Selbst vier Landsleute von Z., die, wie berichtet, am Dienstag in stundenlanger Videokonferenz im Landesgericht Krems bei knapp 40 Grad Celsius befragt worden waren und Z. nach Kräften zu entlasten versuchten, konnten eine Verurteilung nicht mehr abwenden. Allerdings: Was Z. genau im Jahr 2013 viereinhalb Monate lang im nordsyrischen Grenzgebiet gemacht hatte, war nun für die Anklage nicht mehr genau rekonstruierbar. Verteidiger Wolfgang Blaschitz kündigte sofort an, das Urteil zu bekämpfen. Denn: Ansar al-Sham stehe gar nicht auf den internationalen Terror-Listen.

Auch die Staatsanwaltschaft meldete Rechtsmittel an. Sie stößt sich daran, dass Z. von wichtigen Anklagepunkten, etwa dem Vorwurf „Kampfausbildung“, freigesprochen wurde. Was der OGH zu der harten Haftstrafe (Z. ist unbescholten) sagt, bleibt abzuwarten.

Noch ein Vergleich: Vorige Woche bekam der 17-jährige Wiener Berufsschulabsolvent Oliver N. zweieinhalb Jahre Haft. Er hatte zugegeben, fast sieben Monate für den IS im Einsatz gewesen zu sein.

AUF EINEN BLICK

Ein Kremser Schöffengericht (Vorsitz: Monika Fasching-Lattus) stufte die in Nordsyrien aktive Islamistengruppe Ansar al-Sham als Terrororganisation im Sinne des österreichischen Strafrechts ein – eine Justiz-Premiere. Als Mitglied der genannten Gruppe (und nicht wie ursprünglich angeklagt als Mitglied der weit bekannteren Organisation „IS“) bekam Magomed Z. fünf Jahre Haft.

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