Kinderbetreuungsgeld: Reform spießt sich wegen der Väter

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Frauenministerin Heinisch-Hosek will einen größeren Malus, wenn Männer nicht in Karenz gehen. Ein Drittel soll verfallen.

Wien. Bei der Reform des Kinderbetreuungsgeldes spießt es sich, und zwar an den Vätern. Besser gesagt, an der Frage, wie diese dazu motiviert werden können, sich stärker und länger an der Betreuung ihrer Kinder zu beteiligen. Aktuell geht jeder fünfte Vater in Karenz, durchschnittlich bleiben die Männer deutlich kürzer zu Hause als die Mütter. Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ) will den Männern nun Druck machen. Geht der Vater überhaupt nicht in Karenz, soll künftig ein Drittel des Kindergeldes verfallen – das ist fast doppelt so viel wie bisher. Derzeit sind rund 17 Prozent des Kindergelds für den Vater reserviert, bei der kürzesten Bezugsvariante sind es zwei von insgesamt 14 Monaten, bei der längsten Variante verfallen sechs von 36 Monaten, wenn nur ein Elternteil – meistens ist das eben die Mutter – zu Hause bleibt.

Familienministerin Sophie Karmasin von der ÖVP geht dieser Vorschlag zu weit. Sie denke zwar auch daran, den für die Väter reservierten Teil zu erweitern – „aber nicht unbedingt auf diese extreme Summe von 33 Prozent“, wie sie im ORF-Radio sagte. Wie viel künftig für die Väterkarenz reserviert sein sollte, will sie aber noch nicht sagen. Gegen die 33 Prozent Väteranteil – die jüngst auch die OECD empfohlen hat – argumentiert Familienministerin Karmasin unter anderem mit den Alleinerzieherinnen: Diese würden nämlich dann – unverschuldet – um einen noch größeren Anteil des Betreuungsgeldes umfallen.

Lösung für Alleinerzieher?

Das sieht die Frauenministerin wiederum als ein bloß vorgeschobenes Argument: Zwar würden nach derzeitiger Rechtslage die Alleinerzieher tatsächlich um ein Drittel des Geldes umfallen – auch das sollte man aber ändern. „Meine Überlegung wäre, dass das nicht durch Väter in Anspruch genommene Geld für Alleinerzieherinnen reserviert sein soll“, so die Ministerin im ORF-Radio. „Wer allein für ein Kind verantwortlich ist, darf auf keinen Fall durch die Finger schauen“, so Heinisch-Hosek. Mit etwas gutem Willen sei das gar nicht so kompliziert. Grundsätzlich ist auch Karmasin für eine Änderung bei den Alleinerzieherinnen zu haben: Über Sonderlösungen könne man verhandeln.

Außer Frage steht jedenfalls, dass das Kinderbetreuungsgeld bald komplett reformiert werden soll: Nur das einkommensabhängige Kindergeld – mit einer Dauer von zwölf plus zwei Monaten – soll so bleiben, wie es ist. Die übrigen vier Varianten sollen durch ein sogenanntes Kindergeldkonto ersetzt werden – das die OECD übrigens ebenfalls empfiehlt: Angedacht ist, dass es einen Fixbetrag geben soll. Über welchen Zeitraum die Eltern dieses Geld abrufen, sollen sie frei entscheiden können. Was dann der Vergangenheit angehören soll: dass jene Familien mehr Kindergeld bekommen, die eine längere Bezugsvariante wählen.

Jeder Elternteil kann sich dann maximal einen bestimmten Anteil dieses Geldes abholen – je nach dem, auf welchen Malus sich Karmasin und Heinisch-Hosek nun einigen, wären das dann zwischen 67 und 83 Prozent. Eltern, die annähernd gleich lang beim Kind zu Hause bleiben, sollen außerdem einen sogenannten Partnerschaftsbonus bekommen. Vermutlich Extrageld – wie viel und wie dieser Bonus konkret aussieht, ist aber ebenfalls noch Teil der Verhandlungen.

Wiener gehen oft in Karenz

Derzeit bleiben in Österreich 18,1 Prozent der Väter zumindest eine Zeit lang beim Kind zu Hause (siehe Grafik). Die gefragteste Variante ist bei den Männern das einkommensabhängige Kindergeld: Hier beteiligen sich 28,6 Prozent der Väter. Am anderen Ende der Skala rangiert die längste Bezugsvariante (30 plus sechs Monate), bei der die Beteiligung der Väter – laut Zahlen aus dem März – nur bei 11,2 Prozent liegt.

Am ehesten gehen Väter in Wien in Karenz, wo die Beteiligung insgesamt bei 27,7 Prozent liegt. Alle anderen Bundesländer liegen – z. T. deutlich – unter 20 Prozent. Ganz hinten: Vorarlberg, wo sich nur 8,3 Prozent der Väter beteiligen. Die Männer bleiben im Schnitt deutlich kürzer beim Kind zu Hause als die Frauen: Bei der längsten Variante (mit bis zu drei Jahren Bezugsdauer) betreuen die Väter das Kind im Schnitt 7,7 Monate. Beim einkommensabhängigen Kindergeld (zwölf plus zwei Monate) bleiben jene Väter, die in Karenz gehen, durchschnittlich 80 Tage, also gut zweieinhalb Monate, zu Hause.

In einigen Wochen sollte jedenfalls der Entwurf für die Reform vorliegen. Mit Verspätung also: Eigentlich wollte die Familienministerin diesen nämlich bereits vor dem Sommer präsentieren. (red./APA)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.07.2015)

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