Salzburg und Wien sind ein Paradies für Pfuscher

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Je näher eine große Stadt, desto höher die Nachfrage nach Schwarzarbeit. Pro Kopf werden 1024 Euro ohne Rechnung erwirtschaftet.

Wien (schell). Besonders fleißig schwarzgearbeitet wird hierzulande in Salzburg und Wien, vergleichsweise hoch ist die Steuermoral hingegen in den Bundesländern Vorarlberg und Oberösterreich. Das ist kurz zusammengefasst das Ergebnis der von OGM durchgeführten Studie über die Entwicklung der realen Kaufkraft in Österreich, die der „Presse“ exklusiv vorliegt.

Bemerkenswert dabei ist, dass das Ausmaß der Schattenwirtschaft seit 2005 sukzessive schrumpft. Zu erklären ist das nicht mit einer höheren Steuermoral, sondern mit der guten Wirtschaftslage vergangener Jahre. Mit höherer Beschäftigung sinkt der existenzielle Druck schwarzzuarbeiten, zudem fehlt auch die dafür nötige Freizeit. Bei steigenden Einkommen sind die Menschen auch eher geneigt, offizielle Preise zu bezahlen.

Gepfuscht wird dennoch nicht zu knapp. So beziffert Professor Friedrich Schneider von der Linzer Kepler Universität die Höhe der Schwarzeinkommen für 2008 mit 19,9 Milliarden Euro. Abzüglich der Ausgaben für verwendetes Material und bereinigt um Doppelzählungen sowie Abflüsse ins Ausland bleiben immer noch 8,5 Milliarden Euro übrig.

Eine Frage der Preise

Womit laut OGM jedem Bürger (vom Kleinkind bis zum Pensionisten) 1024 Euro pro Jahr zur Verfügung stehen, die „schwarz“ erwirtschaftet wurden. Eine fünfköpfige Familie verfügt somit über ein unversteuertes Zusatzeinkommen in Höhe von 5120 Euro.

In Summe bessern sich die Österreicher mit Schwarzeinkommen ihre offiziellen Einkünfte um sieben Prozent auf. Vergleichsweise stärker gepfuscht wird in Salzburg, Wien und Kärnten, deutlich weniger hingegen in Vorarlberg, Oberösterreich und dem Burgenland. Entscheidend für die regionalen Unterschiede sind die Steuermoral und die Wirtschaftslage. So tun sich Vorarlberger grundsätzlich schwerer, den Staat um Steuern und Sozialabgaben zu prellen, als Wiener, während in Oberösterreich im vergangenen Jahr laut Studien-Koautor Andreas Nachbagauer de facto Vollbeschäftigung herrschte. Dementsprechend niedrig war das Angebot an Pfuschern. In Salzburg blühe die Schattenwirtschaft wiederum aufgrund des hohen Preisniveaus und des stark verankerten Tourismus in der Region.

Grundsätzlich gilt: Je größer (und näher) eine Stadt, desto höher die Nachfrage nach Geschäften „ohne Rechnung“. Besonders gerne gepfuscht wird in der Baubranche, auf die laut OGM 40 Prozent aller Schwarzeinkommen entfallen (ohne „Nachbarschaftshilfe“). Ein Fünftel „erwirtschaftet“ der Tourismus, gefolgt von Dienstleistungen (Babysitter, Putzfrau) und steuerschonenden Autoreparaturen.

Angesichts der schwierigen Wirtschaftslage rechnen die Experten von OGM heuer mit einer boomenden Schattenwirtschaft – womit zumindest ein Gewinner der Wirtschaftskrise gefunden wäre.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.05.2009)

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