Pulverfass Türkei: Polizist getötet, Kämpfe an Grenze

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Nach dem IS-Anschlag vom Montag droht der Konflikt zwischen Kurden und dem Staatsapparat zu eskalieren. Wieder gab es eine Schießerei in der Südosttürkei.

Das türkische Militär hat am Donnerstag syrisches Grenzgebiet beschossen. Nach türkischen Fernsehberichten reagierte die Armee damit auf Schüsse aus Syrien, bei dem nach Berichten in der südlichen Region Kilis ein türkischer Soldat getötet und mindestens ein weiterer Soldat verletzt wurden. Demnach kam der Beschuss aus einem Gebiet unter Kontrolle der Jihadistengruppe "Islamischer Staat" (IS).

Gleichzeitig setzte sich die Serie von Angriffen auf türkische Polizisten im Südosten der Türkei fort. In der Provinzhauptstadt Diyarbakir wurde Sicherheitskreisen zufolge ein Beamter erschossen und ein weiterer verletzt.

Syrisches Gebiet unter IS-Kontrolle

Während einige Quellen bei dem Beschuss aus Syrien von einem getöteten sowie mindestens einem verletzten Soldaten berichteten, hieß es in einem anderen Bericht mindestens vier Armeeangehörige seien verwundet worden. In mehreren Berichten ist die Rede davon, dass das türkische Militär in Reaktion das Feuer auf die syrische Region eröffnete, einem Fernsehbericht zufolge soll die Armee Gebiet unter IS-Kontrolle bombardiert haben. Einem türkischen Beamten zufolge verlegte die Armee angeblich inzwischen Kampfjets an die Grenze zu Syrien.

In der mehrheitlich von Kurden bewohnten Provinzhauptstadt Diyarbakis im Südosten der Türkei wurde am Donnerstag bei einer Schießerei mindestens ein Polizist getötet. Ein weiterer Polizist wurde bei dem Vorfall verletzt, wie Sicherheitskräfte berichteten. In einer anderen Quelle war die Rede von zwei verletzten Polizisten. Wie aus Polizeikreisen verlautete, wurden die beiden Beamten zu einem Unfall im Stadtteil Sehitlik gerufen, einer Hochburg der PKK. Mehrere bewaffnete, maskierte Männer hätten sodann das Feuer auf die Polizisten eröffnet und seien anschließend geflohen. Über den Hintergrund der Bluttat war vorerst nichts bekannt.

Am Mittwoch waren an der syrischen Grenze zwei Polizisten von Mitgliedern der in der Türkie verbotenen Kurdischen Arbeiterpartei PKK getötet worden. Die Rebellen sprachen von Vergeltung für einen Selbstmordanschlag im türkischen Grenzort Suruc am Montag. Dabei wurden 32 Menschen getötet, darunter auch Kurden. Rund 300 linksgerichtete und prokurdische Teilnehmer hatten sich dort versammelt, überwiegend Studierende. Sie hatten vor, den Wiederaufbau der syrischen Grenzstadt Kobane (arabisch: Ayn al-Arab) voranzutreiben, die durch wiederholte IS-Attacken weitgehend zerstört wurde. Die türkischen Behörden vermuten, dass der IS verantwortlich ist. Die PKK wirft jedoch der türkischen Regierung vor, den IS aus taktischen Gründen heimlich zu unterstützen, um die Kurden zu schwächen. Die Türkei weist solche Vorwürfe zurück.

Die Türkei teilt sich mit Syrien eine 900 Kilometer lange Grenze. Sie liegt teilweise direkt an Gebieten, die der IS unter seine Kontrolle gebracht hat. Inzwischen erhöht die Türkei die Sicherheitsvorkehrungen. Auf 150 Kilometern werde eine Mauer errichtet, sagte ein Regierungsvertreter der Nachrichtenagentur Reuters. Sie bestehe aus Einzelteilen und könne nach Bedarf zerlegt und an anderer Stelle wiederaufgebaut werden. Auf 118 Kilometern würden Scheinwerfer aufgestellt. Die Streitkräfte heben zusätzlich einen 365 Kilometer langen Graben aus. Etwa 90 Prozent aller Aufklärungsflugzeuge und Drohnen wurden dem Militär zufolge an die Grenze verlegt. 20.000 Soldaten sind im Einsatz.

US-Präsident Barack Obama sicherte seinem türkischen Kollegen Recep Tayyip Erdogan in der Nacht zum Donnerstag telefonisch seine Unterstützung zu. Beide Länder wollten zusammenarbeiten, um den Strom ausländischer Kämpfer einzudämmen, erklärte das Präsidialamt in Washington. Die türkische Regierung sieht sich Kritik ausgesetzt, dass ihre Maßnahmen zum Grenzschutz zu spät kommen. Vermutlich Tausende Ausländer sind in den vergangenen Jahren über die Türkei nach Syrien eingesickert, um für den IS zu kämpfen.

(APA)

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