Telekom-Belegschaft droht mit Streik

PK TELEKOM AUSTRIA: PLATER
PK TELEKOM AUSTRIA: PLATERAPA/HANS KLAUS TECHT
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Nach der Kapitalerhöhung wird Österreich Einfluss in der Telekom Austria verlieren. Die Gewerkschaft schlägt Alarm: Sie fürchtet um ihren lukrativen Kollektivvertrag.

Wien. Noch steht die Höhe der geplanten Kapitalerhöhung bei der Telekom Austria nicht genau fest – die Rede ist von bis zu 2,5 Mrd. Euro. Klar ist aber: Die Republik Österreich, die über die Staatsholding ÖBIB 28,4 Prozent am Konzern hält, müsste Geld in die Hand nehmen, um ihren Anteil und Einfluss bei der Telekom zu halten. Doch danach sieht es nicht aus. Das signalisierte gestern jedenfalls ÖVP-Finanzminister Hans Jörg Schelling bei einem diskreten Treffen. Um neun Uhr empfing er Carlos Garcia Moreno – den Finanzchef von América Móvil, dem Mehrheitsaktionär der Telekom. Ebenfalls dabei: Telekom-Aufsichtsratschef Wolfgang Ruttenstorfer. Die drei unterhielten sich über die geplante Kapitalerhöhung, die Moreno als notwendig bezeichnete. Und Schelling meinte, dass er nicht gedenke, die klammen Staatskassen anzuzapfen.

Ruttenstorfer und sein Vize Moreno können sich also bei der heute, Freitag, stattfindenden Telekom-Aufsichtsratssitzung auf einiges gefasst machen. Während die Kür von Technik-Vorstand Alejandro Plater zum neuen Konzernchef nur Routine ist, birgt die Kapitalerhöhung, die Geld für Zukäufe in die Kassen spülen, aber auch konzerninterne Umstrukturierungen bringen soll, gleich aus mehreren Gründen viel Sprengstoff.

Denn die Kapitalerhöhung und ihre Folgen für die österreichischen Interessen sind absolut nicht unumstritten. Die Sache droht daher, in der Koalitionsregierung ein schweres Gewitter auszulösen.

Lukrativer Kollektivvertrag

Das hat gleich mehrere Gründe: Investiert die österreichische Staatsholding ÖBIB kein Geld bei der Kapitalerhöhung, sinkt ihr Anteil je nach Volumen der Geldspritze ab. Das hat den Verlust der im Syndikatsvertrag zwischen América Móvil und der ÖBIB vereinbarten Veto- und Mitspracherechte Österreichs bei wichtigen Entscheidungen zur Folge.

Was jedoch mindestens so schwer wiegt: Der Syndikatsvertrag garantiert indirekt ebenso die jetzige– durchaus gute – Gehaltsstruktur bei der Telekom und auch die Schlagkraft der Betriebsräte. Das alles droht, verloren zu gehen, wenn die Anteil der ÖBIB unter die Sperrminorität (25Prozent plus eine Aktie) fällt.

Der Hintergrund: Das Poststrukturgesetz, das noch immer auch für die Telekom gilt, sieht vor, dass die Telekom als Arbeitgeber und der ÖGB in Person der Gewerkschaft der Post- und Fernmeldebediensteten als Arbeitnehmervertreter kollektivvertragsfähig sind. Der Konzernchef hat auch oberste Personalhoheit. Das heißt, dass die Telekom einen eigenen Kollektivvertrag (KV) aushandeln kann – solange die ÖBIB mehr als 25 Prozent hat.

Der KV gilt zwar nur für die rund 4500 ASVG-Angestellten, aber er wurde bisher grosso modo auch auf die 4500 hauptsächlich in der Festnetzsparte beschäftigten Beamten umgelegt.

Dieser KV gilt als „heilig“ – garantiert er doch den Mitarbeitern deutlich bessere Gehälter als im Rest der Branche, wovon auch die Beamten profitieren, die um rund 20 Prozent mehr verdienen als jene beim Bund. Darüber hinaus garantiert der KV den Angestellten einen erhöhten Kündigungsschutz – Mitarbeiter über 50 Jahre bzw. mit mehr als zehn Dienstjahren können praktisch nicht gekündigt werden. Auch wenn es keine adäquate Beschäftigung gibt, können Mitarbeiter nicht einfach gekündigt werden. Die inzwischen abgeschafften Biennalsprünge wurden durch Überzahlungen ausgeglichen.

„Heimatlose“ Beamte

Verliert die Gewerkschaft die Telekom als KV-Partner, wäre auch der KV weg, denn der Konzern wäre nicht mehr verpflichtet, einen solchen auszuverhandeln. Man könnte etwa auf den deutlich günstigeren Vertrag der Alternativen Telekombetreiber wechseln. Die Pikanterie daran: Die Angestellten wären dann deutlich schlechter gestellt als die Beamten. Aber auch diese könnten ihre „Heimat“ verlieren, wie aus dem Syndikatsvertrag hervorgeht: Das Poststrukturgesetz weist die vormals bei der Post- und Telegraphenverwaltung beschäftigten Beamten der Telekom zu – aber auch nur, solange die ÖBIB mehr als 25 Prozent hat.

Für die Gewerkschaft und die Betriebsräte ist das natürlich ein rotes Tuch: „Das wäre Wahnsinn, das tragen wir keinesfalls mit“, sagt Telekom-Betriebsratschef Walter Hotz im Gespräch mit der „Presse“. Die Gewerkschaft, die schon beim Einstieg der Mexikaner nicht gerade in Freudentränen ausgebrochen ist, ist in Alarmstimmung. Sie hat auch schon ÖGB-Präsident Erich Foglar und Infastrukturminister Alois Stöger (SPÖ) auf einen Kampf eingeschworen.

Hotz stellt in Abrede, dass die Arbeitnehmervertreter vor allem um ihren Machtverlust fürchten. Ihm gehe es ums Ganze: „Da steht unsere wichtige Infrastruktur auf dem Spiel. Da machen wir nicht mit – da steht Österreich still.“

AUF EINEN BLICK

Die Kapitalerhöhung bei der Telekom Austria sorgt für heftigen Sprengstoff: Gestern, Donnerstag, hat ÖVP-Finanzminister Hans Jörg Schelling bei einem Treffen Telekom-Aufsichtsratschef Wolfgang Ruttenstorfer und dessen Vize Carlos Garcia Moreno signalisiert, dass Österreich bei der Kapitalerhöhung nicht mitziehen werde. Damit droht die Republik massiv an Einfluss zu verlieren.

Für die Gewerkschaft ist dies ein rotes Tuch, sie droht mit Kampfmaßnahmen. Ihr geht es vor allem um den Verlust des lukrativen Kollektivvertrags für die 4500Telekom-Angestellten. Er wird laut Syndikatsvertrag hinfällig, wenn der Anteil der Staatsholding ÖBIB unter 25Prozent sinkt. Dann wäre der Konzern nicht mehr verpflichtet, einen eigenen KV auszuverhandeln.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.07.2015)

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