Spätere Pension wird teuer erkauft

Symbolbild Älterer Mitarbeiter
Symbolbild Älterer Mitarbeiter(c) Clemens Fabry
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Die Regierung will Ältere ab 62 im Job halten. Es geht freilich nicht um eine Teilpension, sondern um Lohnzuschüsse. Die kostspielige Altersteilzeit läuft auch weiter.

Wien. Vermehrte Beschäftigung älterer Menschen und die Eindämmung der Frühpension: Dieses Problem wurde zuletzt durch zwei Studien neu beleuchtet. Am Donnerstag wurde mit dem nun im Bundesrat anstehenden Gesetzesbeschluss von der SPÖ-ÖVP-Koalition eine Maßnahme in die Wege geleitet, mit der Männer ab dem 62. Lebensjahr länger im Beruf gehalten werden sollen. Sozialminister Rudolf Hundstorfer (SPÖ) bezeichnet diese Regelung zwar als Teilpension. Mit einer Teilpension, bei der neben einer Teilzeit bereits die Pension in Anspruch genommen wird, hat das Ganze aber freilich nichts zu tun. Vielmehr schießt die öffentliche Hand bei einem Job ab dem Alter von 62einen Teil des Lohns zu. Das ist nicht billig, wie selbst das Finanzministerium und der Rechnungshof im Vorfeld des Beschlusses beklagt haben.

1. Worum geht es bei der als Teilpension angekündigten Maßnahme für Ältere?

Statt mit 62 Jahren in die sogenannte Korridor-Frühpension zu gehen (dafür müssen bestimmte Voraussetzungen, etwa Versicherungsjahre, erfüllt werden), sollen Männer länger im Beruf gehalten werden. Dafür werden mit dem jetzigen Gesetz Förderungen für die Beschäftigung bis hin zum Regelpensionsalter, also bis 65 Jahre, gewährt. Möglich ist dabei, dass die Arbeitszeit um 40 bis 60 Prozent reduziert wird. Der Arbeitnehmer bekommt für die entfallene Arbeitszeit 50 Prozent Lohnausgleich vom Arbeitsmarktservice (AMS) bezahlt. Die Sozialversicherungsbeiträge werden weiter zu 100 Prozent vom vorhergehenden Lohn entrichtet. Der Arbeitgeber erhält dafür die Kosten zu 100 Prozent abgegolten. Der Vorteil bei der späteren Pension: Anders als für die Korridorpension werden dann keine Abschläge fällig.

2. Warum kommt diese Aktion nur für Männer und nicht für Frauen zum Tragen?

Frauen können von der Neuregelung nicht profitieren. Denn für sie gilt noch bis 2024 das Regelpensionsalter in der gesetzlichen Pensionsversicherung (ASVG, Gewerbe, Bauern) schon ab 60 Jahren. Trotz Kritik ist die Koalition bei der Variante nur für Männer ab 62 Jahren geblieben.

3. Warum handelt es sich dabei um keine Teilpension?

Das System einer Teilpension sieht an sich vor, dass jemand neben einer Teilzeitarbeit einen Teil der Pension in Anspruch nehmen kann. In der jetzt fixierten Variante handelt es sich hingegen lediglich um einen Lohnzuschuss zur Erwerbsarbeit, damit Ältere länger im Beruf bleiben.

4. Welche Einwände gibt es gegen diese Regelung, den Pensionsantritt hinauszuschieben?

Der spätere Pensionsantritt wird mit Millionen an öffentlichen Förderungen ermöglicht. Das Sozialministerium beziffert die Kosten im Jahr 2020 für im Jahresschnitt erwartete 1600 Betroffene mit 31,5 Millionen Euro. Im Gegenzug wird allerdings betont, dass sich der Staat Geld für die Korridor-Frühpension erspart. Außerdem nimmt er durch die längere Beschäftigung Abgaben ein (die allerdings ebenfalls von der öffentlichen Hand getragen werden). Im Prinzip wurde mit diesem Modell schon bisher mögliche Altersteilzeit fortgeführt, aber erst ab einem höheren Alter. Denn die Altersteilzeit erlaubt es Frauen ab 53 und Männern ab 58Jahren, mit reduzierter Arbeitszeit gleitend in Pension zu gehen.

5. Wie viele Personen sind derzeit in Altersteilzeit und was kostet das den Staat?

Die Altersteilzeit wurde parallel zur Anhebung des Frühpensionsalters durch die schwarz-blaue Regierung eingeführt. Sie hat, weil es sich de facto um eine andere Form der Frühpension handelt, laut Arbeitsmarktservice bis 2012 in Summe fast 3,8 Milliarden an Kosten verursacht. Daher wurde die teure Altersteilzeit schließlich nur in modifizierter Form fortgesetzt. Aber auch das war nach den der „Presse“ vorliegenden Zahlen nicht billig. Allein im Jahr 2014 lagen die Ausgaben dafür bei 213,5 Millionen Euro, im ersten Quartal 2015 bei 81,23 Millionen Euro. Im März 2015 waren 20.144 Personen in Altersteilzeit. Von 2016 bis 2020 rechnet das AMS mit Kosten von 380,25 Millionen Euro.

6. Wurden diese Erfahrungen nun bei der Teilpension nicht aufgegriffen?

Doch, bei der Begutachtung des Gesetzes hat nicht nur der Rechnungshof, sondern auch das Finanzministerium darauf hingewiesen, dass die neue Pensionsform und ein höheres Antrittsalter teuer erkauft wurden. Das Finanzministerium bezweifelte, dass es unter dem Strich nicht mehr kosten würde. Der Rechnungshof kritisierte, das Ziel eines späteren Pensionsantritts würde „erkauft“. Daher könne nicht von einem Beitrag zur nachhaltigen Sicherung der Pensionen ausgegangen werden. Dennoch kam es zu dem Gesetz. Der Sozialminister ist damit auch den Wünschen der Sozialpartner, also Dienstgeber- und Dienstnehmervertreter, nachgekommen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.07.2015)

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