Gesundheitssprecher Erwin Rasinger will verhindern, dass "der Hausarzt zerstört" wird. Die SPÖ sieht das anders.
Wien. ÖVP-Gesundheitssprecher Erwin Rasinger lehnt den im Zuge der Gesundheitsreform geplanten Aufbau einer neuen Primärversorgung als „luftleere Blase“ ab. Er meint, Primärversorgungszentren würden eine „deutliche Verschlechterung“ der Gesundheitsversorgung bedeuten, und fordert stattdessen eine Aufwertung des Hausarztes.
Mit der neuen Primärversorgung sollen im Zuge der bereits beschlossenen Gesundheitsreform Ärzte, Therapeuten und Pflegefachkräfte ganztägig für die Patienten zur Verfügung stehen und damit die Spitäler und Ambulanzen entlasten. Dafür können entweder neue Zentren errichtet oder bestehende Einrichtung vernetzt werden.
Für Rasinger ist die Vernetzung nur ein Schlagwort, und die Primärversorgungszentren können für ihn nicht die Lösung sein. Das sei weder sein politischer Wille noch jener der ÖVP, betonte der Gesundheitssprecher. Die Primärversorgungszentren hätten den Nachteil, dass eine durchgängige persönliche Betreuung des Patienten durch einen Arzt nicht mehr möglich sei. Außerdem seien die Zentren in der Regel nicht in Gehweite des Patienten. Rasinger, von Beruf selbst Hausarzt, will „mit allen Mitteln verhindern, dass der Hausarzt zerstört wird“. Der Hausarzt müsse erste Anlaufstelle für den Patienten sein und auf allen Ebenen aufgewertet werden. Rasinger verweist darauf, dass diese Aufwertung des Hausarztes auch im Regierungsprogramm festgeschrieben sei, nicht jedoch die Zentren.
SPÖ-Gesundheitssprecher Erwin Spindelberger weist die Kritik seines ÖVP-Kollegen zurück. Rasinger habe das Konzept der neuen Primärversorgung wohl nicht ganz verstanden, vermutet Spindelberger: Primärversorgung bedeute eben gerade die Stärkung des Hausarztes als erste Anlaufstelle im System.
Das beschlossene Konzept spreche explizit von einem „Team rund um den Hausarzt“. Es gehe um eine bessere und ganztägige Versorgung von Patienten, nicht darum, die Hausärzte zu zerstören, wie Rasinger befürchtet hat. Spindelberger warf seinem Kollegen von der ÖVP vor, Klientelpolitik zu betreiben und Partikularinteressen zu vertreten. (APA)
("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.07.2015)