ÖVP-Gesundheitssprecher Rasinger lehnt ein Gesetz ab. Die SPÖ pocht auf eine Vereinbarung.
Wien. Es wird Streit geben, so viel lässt sich schon sagen. Die Frage ist nur, ob innerhalb der Bundesregierung oder innerhalb der ÖVP. Anlass ist die Gesundheitsreform – und die Frage, ob es für die neuen Primärversorgungszentren, die in den nächsten Monaten in allen Bundesländern eingerichtet werden sollen, ein eigenes Gesetz braucht.
ÖVP-Gesundheitssprecher Erwin Rasinger sagt Nein. Er habe nichts gegen einzelne PHC-Zentren, wie sie nach dem englischen Begriff Primary Health Care genannt werden, aber sehr wohl etwas gegen ein Gesetz, das diesen Gruppenpraxen, in denen Hausärzte mit Pflegern und Therapeuten zusammenarbeiten, den Vorrang gebe. Denn damit würde das Hausarztmodell zerstört. Die ÖVP teile seine Meinung, versicherte Rasinger, der selbst Allgemeinmediziner ist.
Das sorgte am Montag für Verwirrung in der SPÖ. Zumal sich laut Gesundheitsministerin Sabine Oberhauser jenes Gremium, das die Reformziele vorgibt, einig sei, dass es rechtliche Rahmenbedingungen für die PHC-Zentren brauche. Dieser Bundeszielsteuerungskommission gehörten mit Finanzminister Hans Jörg Schelling sowie den Landeshauptleuten Josef Pühringer und Markus Wallner auch einige hochrangige ÖVP-Politiker an.
„Wenn Rasingers Meinung Linie der ÖVP ist, stellt sich die Frage: Welcher ÖVP?“, hieß es am Montag aus Oberhausers Büro. „Von unseren Verhandlungspartnern haben wir keine Signale in diese Richtung bekommen. Wir gehen davon aus, dass der Pakt hält.“ Schelling, Pühringer und Wallner äußersten sich vorerst nicht dazu. Parteichef Reinhold Mitterlehner ist auf Urlaub. Dafür weiß Rasinger Klubobmann Reinhold Lopatka hinter sich.
Verhandlungsbeginn im Herbst
An Oberhausers Plänen ändert das (noch) nichts: Die Gesetzesverhandlungen beginnen im Herbst. Wenn möglich, soll es noch heuer einen Beschluss geben. Dass der Hausarzt damit ins Ausgedinge geschickt wird, bestreitet die Ministerin. „Wir haben nicht vor, bestehende Strukturen zu zerstören. Vielmehr kommt eine neue dazu.“ (pri)
("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.07.2015)