"Es geht in Richtung Totalschaden für Steuerzahler"

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Verfassungsexperte Funk erwartet nach dem Spruch der Höchstrichter höhere Kosten für den Staat. Die Bundesregierung ist vor den Länderwahlen im Herbst um Beruhigung bemüht.

Wien. Die Aufhebung des Hypo-Sanierungsgesetzes durch den Verfassungsgerichtshof (VfGH) traf die Regierungsspitze mitten im Urlaub. Die rot-schwarze Koalition versuchte, die Österreicher durch die neue Hiobsbotschaft nicht zusätzlich in Aufregung zu versetzen und nahm das Erkenntnis des Höchstgerichts vorerst einmal „zur Kenntnis“. Der Verfassungsrechtler Bernd-Christian Funk gab sich viel weniger zurückhaltend bezüglich der Konsequenzen für die Österreicher und die Steuerzahler: „Ein unbedingter Totalschaden zum jetzigen Zeitpunkt ist vielleicht eine ein bisschen harte Bezeichnung, aber es geht wohl in diese Richtung.“ Der Schaden hänge nun davon ab, inwieweit noch Kompromisse mit den Gläubigern gefunden werden könnten.

Die Aufhebung dieses Hypo-Gesetzes sei von Anfang an klar gewesen, erklärte Funk am Dienstag im ORF-Radio. Den Beteiligten der Gesetzesregelung sei damals das hohe Risiko der Lösung bekannt gewesen. Nun müsse man schauen, wie man mit einem tragbaren Kompromiss mit den Problemen zurechtkomme. Aber, so Funk weiter: „Es ist absehbar, dass es teurer wird.“ Der Verfassungsexperte von der Universität Wien räumte allerdings ein, dass es inzwischen mit dem Bankensanierungs- und -abwicklungsgesetz eine neue Rechtslage gebe. Dieses Gesetz beinhalte sehr viel differenziertere Möglichkeiten.

Kanzleramt verweist auf ÖVP-Ressorts

Auf diese neue Rechtslage wiesen auch die beiden Regierungsparteien nach dem VfGH-Urteil umgehend hin. Dieses seit 1.Jänner dieses Jahres geltende Gesetz sei von der Aufhebung nicht betroffen. Dieses Faktum wurde vor allem auch von der SPÖ besonders hervorgestrichen. Im Bundeskanzleramt – Regierungschef Werner Faymann hat die Entscheidung für das nun gekippte Gesetz im Vorjahr mitgetragen – wurde auf Anfrage der „Presse“ für detaillierte Stellungnahmen und etwaige Auswirkungen auf die Staatsfinanzen und Budget auf das Finanz- und das Justizministerium verwiesen. Beide von der ÖVP geführten Ressorts waren maßgeblich an der Vorbereitung des Hypo-Sanierungsgesetzes beteiligt.

Aus Sicht des Finanzministeriums von Hans Jörg Schelling ist es entscheidend, dass „wesentliche Teile“ der weiteren Aktivitäten, wie zum Beispiel die Einrichtung der Hypo-Bad-Bank Heta, verfassungskonform sind. Damit werde die geplante Abwicklung der Skandalbank „nicht behindert“.

SPÖ und ÖVP haben rund zwei Monate vor der Landtagswahl in Oberösterreich am 27.September und der Wiener Gemeinderatswahl am 11.Oktober jedenfalls politisch kein Interesse, dass die Steuerzahler durch Meldungen über die Hypo Alpe Adria Group neuerlich aufgeschreckt werden. In beiden Bundesländern drohen Rot und Schwarz laut Prognosen Verluste. Der Ärger bei vielen österreichischen Steuerzahlern, dass sie wegen der Kärntner Hypo Alpe Adria Bank zum Handkuss kommen, ist ohnehin schon groß.

Opposition sieht Vorbehalte bestätigt

Für die Oppositionsparteien im Nationalrat ist das jetzige Urteil des Verfassungsgerichtshofs zusätzliches Wasser auf ihre Mühlen. Neben betroffenen Gläubigern haben FPÖ, Grüne und Neos im vergangenen Dezember eine Verfassungsklage gegen das Hypo-Sondergesetz präsentiert. Dieser sogenannte Drittelantrag ging dann an die Parlamentspräsidentschaft. Diese gab die Beschwerde schließlich an den Verfassungsgerichtshof weiter, der sich mit dem „Antrag auf Gesetzesprüfung“ befasste. Die Parteien wollten so weiter eine Insolvenz der früheren Hypo ermöglichen.

FPÖ-Obmann Heinz-Christian Strache sieht die „Unfähigkeit der vereinten ÖVP-Finanzminister in der Hypo-Causa einmal mehr offenbart“. Der Finanzsprecher der Grünen, Werner Kogler, meinte, nun sei der Beweis für einen „totalen dilettantischen Murks“ mit dem aufgehobenen Gesetz erbracht. Er ist der Ansicht, jetzt könne „das neue, breiter – über alle Gläubiger – wirkende Bankenabwicklungsgesetz greifen“.

Die Neos verlangten neuerlich eine Insolvenz für die Hypo-Bad-Bank Heta. „Nur durch ein Insolvenzverfahren können die Kosten so gering wie möglich gehalten werden“, argumentierte Neos-Finanzsprecher Rainer Hable. Seine Fraktion habe dafür gekämpft, dass die Gläubiger gleich behandelt werden. Auch dem gemeinsamen Vorgehen von Neos, Grünen und FPÖ sei es zu verdanken, dass der VfGH das Hypo-Sanierungsgesetz aufhob. Der Versuch der Bundesregierung, eine Insolvenz durch die Hintertür durchzusetzen, sei gescheitert.

FPÖ-Chef Strache ärgerte sich über „die damalige Ignoranz der SPÖ/ÖVP-Bundesregierung“, die das Gesetz beschlossen hat. „Deutlicher als das der Verfassungsgerichtshof getan hat, kann man dem ehemaligen Vizekanzler und Finanzminister Spindelegger nicht ausrichten, dass sein Hypo-Gesetz ein Pfusch ist.“ Österreichs Steuerzahler hätten eine ganze „Kette an ÖVP-Fehlentscheidungen finanziell auszubaden“. Team-Stronach-Budgetsprecherin Kathrin Nachbaur erklärte, sie habe als Juristin von Anfang an massive Bedenken gegen das Sondergesetz gehabt. (ett/APA)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.07.2015)

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