Kärnten setzt auf Verhandlungen: Milliardenhaftungen als Mühlstein

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Auf das Land Kärnten könnten jetzt höhere Forderungen zukommen. Derzeit wird versucht, mit den Gläubigern zu verhandeln. Die dürften sich gesprächsbereit zeigen, weil sie auch bei einer Insolvenz des Landes Abstriche machen müssten.

Klagenfurt/Wien. Kärntens Finanzlandesrätin, Gabriele Schaunig (SPÖ), zeigt demonstrative Gelassenheit: Die Aufhebung des Hypo-Haircuts durch den Verfassungsgerichtshof habe für das Land unmittelbar nichts geändert. Kärnten setzt weiter auf das Reorganisationsverfahren, bei dem mit den Gläubigern verhandelt werden soll. Da sei die Verhandlungsposition nicht geschwächt worden. Stimmt nicht, sagt der für Rechtsangelegenheiten zuständige freiheitliche Landesrat, Christian Ragger. Die Aufhebung des Gesetzes habe sehr wohl etwas geändert: Die Quote, die die Hypo-Nachfolgegesellschaft Heta an die Gläubiger zahlen wird, werde damit automatisch niedriger und damit die Forderungen an das Land höher. „Das ist noch ein Blattschuss des früheren Finanzministers.“

Noch immer lässt sich nicht seriös abschätzen, was im Zuge der Hypo-Pleite auf Kärnten noch zukommen wird. Auf rund zehn Milliarden Euro belaufen sich aktuell die Haftungen des Landes. Wie viel davon schlagend wird, hängt von der Verwertung der verbliebenen Vermögenswerte durch die Heta ab. Derzeit wird damit gerechnet, dass die Gläubiger eine Quote von 45 bis 55Prozent bekommen können. Blieben also rund fünf Milliarden Euro für das Land übrig.

Das ist eine Summe, die Kärnten ohne Hilfe des Bundes unmöglich stemmen kann. Nicht nur wegen der aktuell schon vorhandenen Verschuldung von 3,2 Milliarden Euro: Das Land hat auch kaum Spielraum im Budget. Zwar gibt es jährliche Einnahmen von 2,2 Milliarden Euro, fast zur Gänze Steuereinnahmen des Bundes, die über den Finanzausgleich Richtung Kärnten fließen. Doch trotz eines erst vergangene Woche geschnürten Sparpakets, das auch eine Nulllohnrunde für die Landesbediensteten umfasst, wird es nächstes Jahr wiederum ein Defizit geben, das diesmal bei 49 Millionen Euro liegen soll.

Bei den Verhandlungen mit den Gläubigern kann sich dieser nicht vorhandene Spielraum auch als gutes Argument erweisen. Denn die Zeichner der Hypo-Anleihen wissen, dass sie zwar auf die Haftung des Landes zurückgreifen können und dass sie dabei durch das aktuelle Erkenntnis des VfGH nochmals gestärkt wurden. Sie wissen aber auch, dass der Zugriff nicht so einfach wird. Zum einen müssen sie sich auf jahrelange rechtliche Auseinandersetzungen gefasst machen. Und zum anderen würde die volle Haftung das Land in die Insolvenz treiben. Dann müssten sie erst recht wieder Abstriche machen. Die volle Summe bekämen die Gläubiger nur, wenn der Bund einspringt – der aber keinerlei Anstalten dazu macht.

Gläubiger verhandlungsbereit

Es ist also damit zu rechnen, dass die Gläubiger durchaus verhandlungsbereit sind, auch, wenn sie das aus taktischen Gründen wohl nicht offen hinausposaunen werden. Die tatsächlich zu zahlende Summe dürfte sich daran orientieren, wie viel im Falle einer Insolvenz zu holen wäre. Und da wird es wieder kompliziert: Da es kein Insolvenzrecht für Gebietskörperschaften gibt, lässt sich auch schwer abschätzen, worauf Gläubiger tatsächlich Zugriff hätten. Klar ist: Schulen oder Spitäler gehören nicht dazu. Zur Auswahl stünden:
•Unstrittig ist, dass der Zukunftsfonds, gefüttert aus dem Verkauf der Hypo an die BayernLB, zur Verfügung steht. 500 Millionen Euro sind noch im Zukunftsfonds, allerdings haftet dieser noch für die Anadi-Bank, die frühere Österreich-Tochter der Hypo. Und auch die Finanz will ein Stück vom Kuchen: Sie stellt eine Forderung von 84 Millionen Euro.
•Die Kelag-Anteile dürften rund 250 Millionen Euro wert sein, Gläubiger können aber nur eingeschränkt darauf zugreifen. Per Gesetz darf nur an einen öffentlichen Versorger, also eine andere Landesgesellschaft oder an den Verbund, verkauft werden.
•Die Landesstraßen haben zwar einen gewissen Wert, sie sind aber nicht verwertbar und damit für die Gläubiger uninteressant.
•Bleiben künftige Steuereinnahmen. Die können aber nur so weit verpfändet werden, als sie nicht für Bildungs-, Gesundheits- oder Sozialausgaben notwendig sind. Was das bedeutet, müsste erst rechtlich geklärt werden – am besten in einem Insolvenzrecht für Gebietskörperschaften.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.07.2015)

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