Der Bund erhält mehr Durchgriffsrechte, eine Taskforce wird ins Leben gerufen. Der Tagessatz für unbegleitete Minderjährige steigt auf 95 Euro.
In Österreich hat die Bundesregierung am Freitagvormittag ein Fünf-Punkte-Programm zur Bewältigung des Asylwerberansturms vorgelegt. Dazu gehören die von der „Presse“ am Freitag angekündigten strengeren Durchgriffsrechte für den Bund. Konkret ist eine sogenannte „Ersatzvornahme“ durch den Bund vorgesehen, damit der Bund künftig selbst Asylquartiere errichten kann, wenn Länder, Bezirke und Gemeinden ihre Richtwerte für die Aufteilung von Flüchtlingen nicht erfüllen, sagten Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) und Vizekanzler Reinhold Mitterlehner (ÖVP).
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Es dürfen dabei aber nur Gebäude und Grundstücke verwendet werden, über die der Bund verfügungsberechtigt ist. Eingriffe in das Eigentumsrecht Dritter sind damit nicht verbunden. Dieses Durchgriffsrecht soll aber voraussichtlich zeitlich befristet werden, um den Ländern zu signalisieren, dass man nicht dauerhaft overrulen wolle, wie Faymann und Mitterlehner es ausdrückten. Entscheiden soll das aber das Parlament. Zudem soll eine Unterbringungsquote von ein bis zwei Prozent pro Einwohner auf die Gemeinden heruntergebrochen werden.
Ein entsprechendes Gesetz wird jetzt von den Regierungskoordinatoren von SPÖ und ÖVP ausgearbeitet. In Kraft treten soll es so bald wie möglich, die beiden stellen auch eine Sondersitzung des Nationalrats in den Raum. Es braucht allerdings die Stimmen von FPÖ oder Grünen für die nötige Zweidrittelmehrheit.
Traiskirchen verhängt Aufnahmestopp
Punkt zwei des Planes ist eine Erhöhung des Tagessatzes für unbegleitete Minderjährige. Das Entgelt wird ab dem morgigen Samstag von 77 auf 95 Euro für unbegleitete Minderjährige in Wohngruppen erhöht. Die jährlichen Mehrkosten belaufen sich auf 32 Millionen Euro.
Der dritte Punkt des Maßnahmenprogrammes betrifft die kurzfristige Entlastung des Erstaufnahmezentrums Traiskirchen. "Oberste Priorität" hätten dabei zur Zeit obdachlose Frauen und Kinder, sagte Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP). Für diese sollen künftig 100 Zimmer mit insgesamt 300 Plätzen in der dortigen Sicherheitsakademie auf dem Areal des Erstaufnahmezentrums zur Verfügung stehen, aus der Polizeischüler ausgezogen sind. Außerdem sollen Asylwerber nach der Erstaufnahme auch direkt an die Hilfsorganisationen übergeben werden können. Zudem sollen in den Ländern "Singel Points Of Contact" geschaffen werden. Dort würden Bund, Länder, die Polizei, wie auch die Hilfsorganisationen ihr Wissen um verfügbare Unterkünfte bündeln. In jedem Land solle es eine solche Stelle geben.
Mitten in die Präsentation des Paketes platze eine Aussendung des niederösterreichischen Landeshauptmanns Erwin Pröll (ÖVP). Er erklärte einen Aufnahmestopp im Erstaufnahmezentrum Traiskirchen aufgrund der Ergebnisse einer gesundheitsbehördlichen Überprüfung tags zuvor. Ein entsprechender Bescheid soll am Montag dem Innenministerium zugestellt werden. „Die medizinische und hygienische Lage erfordert diese Maßnahme", so Pröll.
Taskforce und gemeinsamer Grenzschutz
Punkt vier des Plans der Bundesregierung betrifft die Einrichtung einer Taskforce der Bundesregierung zur Asyl- und Flüchtlingsfrage. Dieser werden Bundeskanzler, Vizekanzler, Innenministerin, Verteidigungs- und Integrationsminister sowie der „Minister für Verfassung“ angehören.
Punkt fünf: Die Bundesregierung wird verstärkt auf eine „gemeinsame europäische Lösung“ in der Flüchtlingsfrage drängen, darunter gemeinsamer Grenzschutz und die Schaffung einer europäischen Flüchtlingsquote.
Wohncontainer werden kommen
Außerdem bestätigte Mikl-Leitner eine weitere Maßnahme: So habe man in mehreren Gemeinden Anträge auf Baubewilligungen gestellt, um dort Wohncontainer zu errichten.
(ett/APA)