Ein deutscher Blog soll Staatsgeheimnisse verraten haben. Ein Strafverfahren wegen des Verdachts auf Landesverrat wird eingeleitet.
Netzpolitik.org ist einer der bekanntesten deutschen Blogs. Er setzt sich für digitale Bürgerrechte ein, 2014 wurde er mit dem Grimme-Online-Award ausgezeichnet. Wie am Donnerstagabend bekannt wurde, geriet der Blog nun ins Visier deutscher Ermittler: Wegen des Verdachts auf Landesverrat leitete die Bundesanwaltschaft ein Strafverfahren gegen den Gründer des Blogs, Markus Beckedahl, sowie den Autor Andre Meister ein. Ihnen wird vorgeworfen, in Berichten über den Verfassungsschutz Staatsgeheimnisse verraten zu haben. Ein derartiges Verfahren gegen Journalisten gab es in Deutschland seit Jahrzehnten nicht.
Ermittlungen ruhen
Netzpolitik.org hatte im Februar und April dieses Jahres über Pläne des Verfassungsschutzes, die Internet-Überwachung auszubauen, berichtet. Die Ermittlungen haben innerhalb kurzer Zeit Proteststürme ausgelöst: Die Blogger warfen der deutschen Bundesregierung vor, die Wahrheit über die deutsche Verstrickung in den NSA-Skandal vertuschen zu wollen. „Wir werden uns nicht einschüchtern lassen“, sagte Beckedahl. Eine Online-Petition gegen den „massiven Eingriff in die Pressefreiheit“ wurde von 28.000 Menschen unterschrieben. Die Bundesanwaltschaft hat nun angekündigt, die Ermittlungen ruhend zu stellen – bis ein Gutachten vorliegt, das klärt, ob es sich bei den Veröffentlichungen tatsächlich um Staatsgeheimnisse handelte. (APA/red.)
("Die Presse", Print-Ausgabe, 01.08.2015)
