Generalbundesanwalt stürzt über Blogger-Affäre

File photo of Chief State Prosecutor Range during annual press conference at the Federal Office of Prosecution in Karlsruhe
File photo of Chief State Prosecutor Range during annual press conference at the Federal Office of Prosecution in Karlsruhe(c) REUTERS (ALEX DOMANSKI)
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Aufgrund von Ermittlungen gegen zwei Journalisten wegen Landesverrats muss der oberste Ankläger, Harald Range, seinen Hut nehmen. Nachfolger soll der bisherige Münchner Generalstaatsanwalt Peter Frank werden.

Berlin. Der deutsche Generalbundesanwalt Harald Range muss seinen Posten räumen. Justizminister Heiko Maas verkündete am Dienstagabend die Entlassung des Juristen. Grund sind die Ermittlungen gegen zwei Journalisten des Internetblogs Netzpolitik.org wegen Landesverrats: Sie hatten Informationen aus vertraulichen Dokumenten des Verfassungsschutzes, dem deutschen Inlandsgeheimdienst, veröffentlicht, die interne Pläne belegen, die Überwachung von Internetinhalten auszuweiten. „Ich habe Generalbundesanwalt Range mitgeteilt, dass mein Vertrauen in seine Amtsführung nachhaltig gestört ist“, sagte Maas am Dienstagabend in Berlin. Er habe ihm deshalb mitgeteilt, dass er „im Einvernehmen mit dem Bundeskanzleramt seine Versetzung in den Ruhestand noch heute beim Bundespräsidenten beantragen werde.“ Minister Maas präsentiert auch gleich einen Nachfolger: Neuer oberster Ermittler in Deutschland soll der bisherige Münchner Generalstaatsanwalt Peter Frank werden.

Range war zuvor nach heftiger Kritik in die Offensive und auf Konfrontationskurs zu dem Justizminister gegangen. Er hatte Maas vorgeworfen, Einfluss auf die Ermittlungen zu nehmen – und damit in die Unabhängigkeit der Justiz einzugreifen. Das Justizministerium habe ein von ihm in Auftrag gegebenes Gutachten zur möglichen Einstufung der von dem Internetportal Netzpolitik veröffentlichten Unterlagen als Staatsgeheimnis gestoppt, sagte Range.
Diesen Vorwurf wies Maas als „nicht zutreffend“ zurück. „Richtig ist vielmehr, dass bereits am vergangenen Freitag mit Generalbundesanwalt Range die Rücknahme des externen Gutachtenauftrags gemeinsam verabredet war – und zwar ohne Kenntnis eines möglichen Ergebnisses des Gutachtens.“

Der Justizminister warf Range vor: „Die Äußerungen und das vom Generalbundesanwalt Range heute gewählte Vorgehen sind nicht nachvollziehbar und vermitteln der Öffentlichkeit einen falschen Eindruck.“
Range stand seit einigen Tagen in der Kritik, weil er Ermittlungen gegen die verantwortlichen Journalisten – den Autor des Berichts, Andre Meister, und den Betreiber von Netzpolitik.org, Markus Beckedahl – eingeleitet hatte. Das Ermittlungsverfahren war am Donnerstag vergangener Woche bekannt geworden. Die gesamte Bundesregierung bis hin zu Kanzlerin Angela Merkel waren nach Kritik auf Distanz zu Range gegangen. Die Affäre hat in Deutschland eine Debatte über die Pressefreiheit ausgelöst.

Eine Reaktion kam auch von der in Wien ansässigen Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE). Die Beauftragte für Medienfreiheit, Dunja Mijatovic, kritisierte die Ermittlungen gegen die Blogger. Die Bedrohung, wegen Verrats angeklagt werden zu können, habe einen lähmenden Effekt auf investigative Journalisten, schrieb sie in einem Brief an den deutschen Außenminister Frank-Walter Steinmeier. Behörden sollten Journalisten nicht verfolgen, deren Aufgabe es sei, über Vorgänge von öffentlicher Bedeutung zu berichten. (ag)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.08.2015)

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