Polizei: „Psychische Strapazen sind kaum noch zumutbar“

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Die Personalvertretung fordert Mikl-Leitner dazu auf, die Polizeischule in Traiskirchen „umgehend“ wieder zur Verfügung zu stellen.

Wien. Bisher verhielten sie sich ruhig. Im Vergleich zu einigen Bürgermeistern oder Landespolitikern, die beim Flüchtlingsthema laut aufschrien, hörte man von den Behörden wenig: Und das, obwohl in Turnsälen, Ausbildungszentren oder anderen Liegenschaften der Polizei derzeit hunderte Flüchtlinge untergebracht sind. Und auch personell stößt man im Ressort von Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) an seine Grenzen.

Zumindest intern wehrt sich die Polizei nun vehement dagegen: In einem Brief, welcher der „Presse“ vorliegt, wendet sich der Zentralausschuss für Bedienstete, also das höchste Personalvertreter-Gremium im Innenressort, an die zuständige Ministerin: „Es ist vielen Kollegen kaum noch zuzumuten, was im täglichen Dienstbetrieb an psychischen und physischen Strapazen zu ertragen ist“, schreibt der Vorsitzende Reinhard Zimmermann an Mikl-Leitner. „Bei allem Verständnis für die prekäre Situation“ müsse man feststellen, „dass weitere Belastungen für die Polizei untragbar und für das Innenressort unverantwortlich sind.“ Und weiter: „Die polizeiliche Mindestpräsenz ist vielfach nicht mehr gegeben.“ Da alle Ressourcen an „fremdenpolizeiliche Maßnahmen“ gebunden seien, sei in vielen anderen Bereichen nur „ein absoluter Notbetrieb“ möglich.

„Selbstbeschädigung des Wachkörpers“

Dass nun Flüchtlinge auch im polizeilichen Bildungszentrum in Traiskirchen untergebracht werden, geht dem Zentralausschuss zu weit: Ausgerechnet die zentrale Schule der Polizei zu räumen sei „mehr als kontraproduktiv“. In Zeiten wie diesen sei eine Ausbildung besonders wichtig. „Solche Maßnahmen grenzen an Selbstbeschädigung des Wachkörpers.“ Daher fordert der Zentralausschuss Mikl-Leitner „mit Nachdruck“ auf, die Unterkünfte der Polizeischule „umgehend wieder in gereinigtem Zustand“ zur Verfügung zu stellen. „Andernfalls wird der Zentralausschuss nicht umhin können, über weitergehende Maßnahmen zu beraten.“

Möglichkeiten, Flüchtlinge unterzubringen, gebe es an anderen Stellen genug: Etwa in Objekten der Ex-Gendarmerie-Zentralschule in Mödling oder Kasernen. Auch von NGOs, seitens der Kirche und der Regierung seien „kaum merkliche Bestrebungen zur Entlastung der Situation erkennbar“.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.08.2015)

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