Die Entdeckung des Hinterlandes

BEI WAKEBOARD-UNFALL UNTERARM ABGETRENNT
BEI WAKEBOARD-UNFALL UNTERARM ABGETRENNTAPA/HERBERT NEUBAUER
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Zwischen Donaukanal und Donau entstehen große Wohngebiete. Die Stadtplaner versuchen, Verbindungen herzustellen.

Die Bundeshauptstadt trägt den Beisatz „Wien an der Donau“. Eigentlich müsste es „Wien neben der Donau“ heißen. Denn das Donauufer ist – zumindest auf der rechten Seite – wenig attraktiv und wird von relativ wenigen Wienern genutzt. Dafür ist in Wien der Donaukanal mit seinen zahlreichen Lokalen und Eventlocations der zentrale Wasserlauf – und die Bewohner des zweiten oder auch des 20. Bezirks orientieren sich eher in Richtung Stadtmitte und weniger in Richtung Donau.

Doch das könnte sich ändern, denn die Stadtplanung sieht verstärkt das ganze Areal als Gesamtheit an: die Donau, die zwei Bezirke und den Donaukanal. Rein formal zeigt sich das auch an der Schwerpunktsetzung: Anfang der 2000er-Jahre gab es in Wien 13 definierte Zielgebiete, auf die die Planer ihr Augenmerk richteten. Eines davon war die „Waterfront“, also das rechte Donauufer, für dessen Attraktivierung Ideen gesucht wurden. 2011 aber, schon unter einer grün dominierten Stadtplanung, wurden die früheren Zielgebiete zu einem gemeinsamen Zielgebiet zusammengefasst. Dieses trägt heute den Namen „Donauraum Leopoldstadt, Prater.“

Der Grund dafür liegt an der massiven Bautätigkeit: In der Leopoldstadt wird rund um die Trabrenngründe Krieau gebaut, bei der Donaumarina sollen Wohnbauten entstehen. Und gar nicht zu reden vom Nordbahnhof und dem Nordwestbahnhof, wo im Endausbau in zehn Jahren mindestens 10.000 Wohnungen entstanden sein sollen. In Summe werden hier also mehr Menschen wohnen als in der Seestadt Aspern.


Erholung und Events. Die Planer müssen aber auch Grünräume und öffentliche Freiräume mitdenken. Und auch Erholungsgebiete in der Nähe sowie im Hinterland, die mit Rad- und Gehwegen erschlossen werden sollen. In die eine Richtung – zum Donauufer – wird es wohl in Hinkunft eher zur sanften Erholung gehen, in die andere Richtung – zum Donaukanal – zu Entertainment, Kulinarik und zur Eventkultur.

Doch auch hier wird schon gebremst: Am Donaukanal setzen sich derzeit Bürger dafür ein, wieder mehr Grünraum und weniger Gastro zu haben. Anfang Juli haben sie einen Etappensieg erzielt. Die Stadtentwicklungskommission hat sich gegen ein neues kommerzielles Projekt eingesetzt. gb.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.08.2015)

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