Anschlag auf Palästinenser: Nach Baby auch Vater tot

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Der Mann erlag seinen Verbrennungen. Die Hamas ruft nun zur offenen Konfrontation mit Israel auf. Racheakte drohen.

Acht Tage nach dem Tod eines palästinensischen Babys bei einem vermutlich von jüdischen Ultranationalisten verübten Brandanschlag im Westjordanland ist auch der Vater der Familie gestorben. Saad Dawabsha erlag am Samstag seinen Verbrennungen. Mehrere tausend Palästinenser nahmen an seiner Beerdigung in Duma bei Nablus teil.

Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu bekundete sein Beileid und versprach, die Täter zu fassen. Die radikalislamische Hamas rief zur "Konfrontation" mit Israel auf.

Das Haus der palästinensischen Familie Dawabsha und ein weiteres Gebäude in Duma im Norden des Westjordanlandes waren am 31. Juli von einem Brandsatz getroffen worden, den offenbar maskierte fanatische jüdische Siedler geworfen hatten. In den Flammen verbrannte der eineinhalbjährige Ali. Der 32-jährige Vater Saad erlitt Verbrennungen dritten Grades und wurde in ein Krankenhaus nach Beersheba in Südisrael gebracht, konnte aber nicht mehr gerettet werden.

Mutter noch in Lebensgefahr

Die 26-jährige Mutter Riham schwebte in einer Klinik bei Tel Aviv immer noch in Lebensgefahr, auch sie erlitt am ganzen Körper schwerste Verbrennungen. Der vierjährige Sohn Ahmed scheint außer Lebensgefahr, israelischen Medien zufolge entfernten die Ärzte am Freitag das Beatmungsgerät, an das er angeschlossen war. Der Kleine öffne wieder seine Augen und erkenne die Menschen um sich herum, ihm stünden aber noch viele Operationen bevor, sagte eine Ärztin.

Die Leiche des Vaters wurde in Nablus im Westjordanland obduziert, danach fand am Samstagnachmittag die Beerdigung in Duma statt. Tausende kamen zur Trauerfeier, viele schwenkten palästinensische Fahnen, andere hatten Bilder des bei lebendigem Leib verbrannten Ali und der anderen Familienangehörigen dabei und feierten sie als "Märtyrer".

Abbas will vor Strafgerichtshof ziehen

Der palästinensische Präsident Mahmoud Abbas hat angekündigt, wegen des Brandanschlags Beschwerde beim Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag einzureichen. Bei der Obduktion der Leiche sollen Beweismittel gesammelt werden.

Israels Ministerpräsident Netanjahu erklärte am Samstag, die Behörden würden "alle ihre Mittel einsetzen, um die Mörder zu fassen und vor Gericht zu stellen". Drei junge Israelis wurden im Zusammenhang mit dem Anschlag inzwischen festgenommen. Ob ein oder mehrere Täter darunter sind, ist unbekannt.

Ein Freund der Familie Dawabsha hielt den israelischen Behörden vor, Komplizen der Täter zu sein: "Es ist nicht möglich, dass Israel mit seiner Armee und seinen Geheimdiensten immer noch keine Informationen zu dieser Attacke hat", sagte Anwar Dawabsha. Die Tat sei "mit Zustimmung der Besatzer" erfolgt.

Armee bereitet sich auf Racheakte vor

Der Brandanschlag hatte zu gewaltsamen Protesten geführt. Hamas-Sprecher Hossam Badran schrieb am Samstag auf Facebook, nichts werde "diese mörderischen Siedler-Attacken stoppen". "Wir können nicht warten, bis sie in unsere Dörfer und Häuser kommen". Die Palästinenser im Westjordanland hätten "nur eine Wahl: die offene und umfassende Konfrontation mit dem Besatzer".

Dem israelischen Rundfunk zufolge bereitete sich die Armee des Landes auf neue Proteste im Westjordanland und auf "palästinensische Racheakte" vor. Die Palästinensische Autonomiebehörde kündigte die Einrichtung von aus Zivilisten gebildeten "Volkskomitees" zum Schutz der Bürger an.

(APA/AFP)

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