Das Ende der Kur als "Quasiurlaub"

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Die Sozialversicherung will Kuren nicht abschaffen, sondern reformieren. Wesentlich sei ein bleibender gesundheitlicher Effekt, sagt Hauptverbands-Chef Peter McDonald.

Wien. Auf die Österreicher kommen Änderungen bei den Kuraufenthalten zu. Der seit dem Herbst des Vorjahres im Amt befindliche Vorstandschef des Hauptverbandes der Sozialversicherungsträger, Peter McDonald, steht hinter den Reformplänen und verweist im Gespräch mit der „Presse“ darauf, dass in der Pensionsversicherungsanstalt (PVA) ein entsprechendes Pilotprojekt bereits durchgeführt werde. Im Kern bedeutet das einen Abschied von Kuren in der bisherigen Form als „Quasiurlaub“ hin zu Maßnahmen, die bewirken, dass Versicherte besser auf ihre Gesundheit achten. Das soll längerfristig die Sozialversicherung auch finanziell entlasten.
„Die Presse“ fasst die wichtigsten Punkte zur neuen Kur zusammen.

1 Welche Neuerungen derzeit in einem Pilotprojekt getestet werden

Laut PVA-Pressesprecherin Christina Ochsner läuft in der PVA bereits seit 1. Jänner 2014 ein Pilotprojekt unter dem Titel Gesundheitsvorsorge aktiv. Bisher haben rund 9300 Versicherte, also Arbeiter und Angestellte im ASVG-System, diese neue Form der Kuraufenthalte in Anspruch genommen. Diese sieht zuerst eine Art Basismodul vor, daran schließt eine weitere schwerpunktmäßige Behandlung und Kur in Form eines individuellen Moduls an, bei der der Fokus beispielweise auf Ernährung oder psychischer Heilung liegt.

Ziel ist dabei, dass der Patient nicht nur in der Zeit der Kur, sondern generell vermehrt auf seine Gesundheit achtet. Das ist auch jene Stoßrichtung, die Sozialversicherungschef McDonald künftig verstärken möchte, wie er im „Presse“-Interview erläutert. Zugleich stellt er ausdrücklich klar, seine Absicht sei keinesfalls die Abschaffung von Kuraufenthalten, sondern eine Neuausrichtung.

2 Neuerungen bei der Invaliditätspension als Auslöser für Änderung bei den Kuren

Das Pilotprojekt der PVA ist derzeit eingeschränkt auf Personen im Alter zwischen 30 und 55 Jahren, die gesundheitliche Schwierigkeiten mit dem Bewegungs- und Stützapparat haben. Der Hintergrund dessen ist, dass es ebenfalls seit Anfang 2014 eine Neuregelung beim Zugang zu den Invaliditätspensionen, also Frühpensionierungen wegen Erkrankung, gibt. Um den starken Andrang auf Invaliditätspensionen zu bremsen, gibt es für Personen unter 50 Jahren statt einer Invaliditätspension ein sogenanntes Reha-Geld. Um den direkten Gang in die Pension wegen einer Erkrankung zu vermeiden, sollen Betroffene entweder medizinische Rehabilitationsmaßnahmen oder Um- und Weiterschulungen machen.

Erkrankungen des Bewegungs- und Stützapparates sind bei Männern nach wie vor der Hauptgrund für den Antritt einer Invaliditätspension, bei Frauen haben in den vergangenen Jahren die Pensionierungen wegen psychischer Erkrankungen stark zugenommen. Das niedrige durchschnittliche Antrittsalter bei Invaliditätspensionen ist auch ein Hauptgrund dafür, dass in Österreich das Pensionsantrittsalter im Schnitt nur bei 60,1 Jahren liegt. In anderen EU-Staaten fallen krankheitsbedingte Pensionierungen freilich teilweise gar nicht in die Zuständigkeit der Pensionsversicherung.

3 Welche Konsequenzen aus dem Pilotprojekt gezogen werden

Das Pilotprojekt in der Pensionsversicherungsanstalt, Gesundheitsvorsorge aktiv, ist mit Ende des heurigen Jahres befristet. Derzeit läuft gerade die Evaluierung dieser Maßnahme. Ergebnisse dazu liegen noch nicht vor. Es gibt aber bereits Überlegungen für eine Verlängerung des Projekts. Sozialversicherungschef McDonald möchte davon wegkommen, dass Kuraufenthalte ein „von den Beitragszahlern subventionierter, praktisch reiner Erholungsurlaub“ sind, ohne dass der Versicherte danach persönliche Konsequenzen für seine Gesundheit zieht.

Ein solches Konzept sei nicht mehr zeitgemäß. Das liegt ganz auf der Linie seiner generellen Strategie, die er zuletzt im „Presse“-Interview propagiert hat: Patienten sollen künftig bei Gesundheitschecks mit dem behandelnden Arzt Ziele festlegen, um längerfristig eine Verbesserung ihres gesundheitlichen Zustands zu erreichen. Darüber will er mit der österreichischen Ärztekammer im Rahmen einer Neuregelung der Vorsorgeuntersuchungen verhandeln.

Auf einen Blick

Kuraufenthalte. Insgesamt gibt es in Österreich jährlich rund 120.000 von der Sozialversicherung genehmigte Kuren. Patienten leisten dafür Kostenbeiträge. Die Kosten für die Sozialversicherung belaufen sich im Schnitt auf rund 1900 Euro. Hauptverbands-Chef Peter McDonald will nun erreichen, dass Kuren vermehrt einen bleibenden Effekt haben. Patienten sollen angehalten werden, mehr auf ihre Gesundheit zu achten.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.08.2015)

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