Flüchtlinge: Gabriel fordert gerechtere Verteilung

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Es sei "eine Schande für Europa, dass wir nicht in der Lage sind, eine bessere Verteilung von Flüchtlingen sicherzustellen". Deutschland, Schweden und Österreich nähmen die meisten Flüchtlinge auf.

Der deutsche Vize-Kanzler Sigmar Gabriel (SPD) hat vor einer Gefährdung der Freizügigkeit in Europa durch die ungerechte Verteilung von Flüchtlingen gewarnt. "Der Verzicht auf Grenzkontrollen zwischen den meisten EU-Staaten ist gut für Bürger und auch für die deutsche Wirtschaft und ihre Arbeitsplätze, denn viel Zeit und Geld wird gespart", sagte der Wirtschaftsminister der "Bild"-Zeitung.

"Aber diese große Errungenschaft wird unter Druck geraten, wenn alle Flüchtlinge in einige wenige Länder ziehen", warnte Gabriel. Dann würden viele fordern, "die alten Grenzen wieder hoch zu ziehen". "Das müssen wir wirklich verhindern", mahnte der SPD-Chef. Es sei "eine Schande für Europa, dass wir nicht in der Lage sind, eine bessere Verteilung von Flüchtlingen sicherzustellen". Deutschland, Schweden und Österreich nähmen die meisten Flüchtlinge auf. Dagegen gebe es Staaten, die keine oder nur sehr wenige Flüchtlinge aufnehmen.

Gefahr sozialer Konflikte steigt

"Wir brauchen aber einen fairen Ausgleich. Europa läuft in der Flüchtlingsfrage Gefahr, seine Menschlichkeit zu verlieren", warnte Gabriel in der "Bild". "Ein Teil der EU-Staaten empfindet Europa offensichtlich als eine Art Zugewinngemeinschaft, bei der man nur mitmacht, wenn es Geld gibt. Und bei der man aussteigt, wenn es um Verantwortung geht." Eine solche Strategie werde "Europa zerstören".

Zugleich warnte der SPD-Chef davor, die Gefahr sozialer Konflikte wegen "der stetig anwachsenden Zahl von Flüchtlingen" zu unterschätzen. Rechtsradikale könnten sich diese Spannung "mit ihren menschenfeindlichen Sprüchen zu Nutzen" machen. Vor diesem Hintergrund erneuerte Gabriel die SPD-Forderung nach einem Einwanderungsgesetz. Ein solches Gesetz zum Zuzug qualifizierter Fachkräfte nehme auch Druck vom Asylrecht, sagte Gabriel. Menschen, die kein Asyl in Deutschland bekommen könnten wie etwa Zuwanderer aus dem Westbalkan, bekämen damit eine legale Alternative.

Flüchtlinge im Mittelmeer gerettet

Im Mittelmeer sind am Wochenende unterdessen mehr als tausend Flüchtlinge gerettet worden, die sich an Bord von völlig überfüllten Booten auf den Weg von Afrika nach Europa gemacht hatten. Allein am Sonntag seien bei fünf Hilfseinsätzen 671 Menschen gerettet worden, teilte die italienische Küstenwache am Abend mit. Unter den Flüchtlingen seien 48 Minderjährige und 108 Frauen gewesen.

Am Samstag wiederum seien mehr als 400 Flüchtlinge gerettet worden, vor allem vor der Küste Libyens. Über das Mittelmeer versuchen fast täglich verzweifelte Menschen, von Afrika nach Europa zu gelangen. Dabei werden sie von Schleusern oft auf völlig überfüllte Boote gelotst, die untauglich für die Überfahrt sind. Immer wieder kommt es zu schweren Unglücken. Erst am Mittwoch waren bei einer erneuten Katastrophe vor der libyschen Küste mehr als 200 Flüchtlinge ertrunken.

(APA/AFP)

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