Prozess: Weitere Klagen gegen Volksbank

(c) APA (ROBERT JAEGER)
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Neue Dokumente zeigen, dass der frühere Vorstand der Volksbanken AG (ÖVAG) Anleger und die Öffentlichkeit möglicherweise nicht korrekt informiert hat. Die Betroffenen bestreiten das.

Wien. Das Spitzeninstitut der Österreichischen Volksbanken AG (ÖVAG) wird abgewickelt. Die Bank wurde mit 1,3 Milliarden Euro gerettet. Zumindest 300 Millionen Euro will sich der Staat zurückholen. Ob das gelingen wird, ist fraglich. Am Wiener Handelsgericht läuft gerade ein Musterprozess eines Investors, der nachrangige ÖVAG-Anleihen gekauft hat. Diese sind nun wertlos. Bei dem Prozess geht es um die Frage, ob der frühere ÖVAG-Vorstand die Öffentlichkeit und Investoren nicht korrekt informiert hat.

Stellt sich heraus, dass man die Bank schon früher hätte abwickeln können, wäre dem Steuerzahler viel Geld erspart worden. Im Zuge des Prozesses musste die ÖVAG nun vor Gericht weitere brisante Dokumente hinterlegen. Daraus geht hervor, dass sich die Bank schon in den Jahren 2009 bis 2011 in einer schweren Krise befunden hat. In Presseaussendungen und Ad-hoc-Meldungen hatte die ÖVAG jedoch 2010 und 2011 von einer Trendwende und einem Turnaround gesprochen. „Die nun bekannt gewordenen Dokumente bestätigen unsere Position, dass Investoren irreführend und/oder falsch informiert worden sind“, sagt der Wiener Rechtsanwalt Ingo Kapsch, der den Investor vertritt.

Aus Kostengründen wurde nur ein kleinerer Betrag eingeklagt. „Weil wir aufgrund der neuen Dokumente sicher sind, dass wir das Verfahren gewinnen werden, werden wir im Herbst höhere Summen einklagen“, sagt Kapsch.

Geklagt werden die ÖVAG-Nachfolgegesellschaft Immigon und die Volksbank Wien. Folgen weitere Investoren, könnte es für die Bank teuer werden. Laut Kapsch hat die ÖVAG einst nachrangige Anleihen im Volumen von 500 Millionen Euro verkauft. Vor Gericht musste der 93-seitige „Viability Report“ des ÖVAG-Vorstands an die EU-Kommission aus dem Jahr 2009 hinterlegt werden. Dabei wurde geprüft, ob die Bank lebensfähig sei. Schon im Vorwort auf Seite sechs stufte der Vorstand die Lage als dramatisch ein.

Begründet wurde dies unter anderem mit Verschlechterungen des Ratings. Dies führt zu höheren Unterlegungserfordernissen mit Eigenmitteln, „dem knappsten Gut überhaupt“, so der ÖVAG-Vorstand. Das Institut stehe daher vor „zwei sehr schwierigen Jahren“. In dem Bericht wurden aber wenig konkrete Maßnahmen angeführt, um die Situation zu verbessern.

EU war unzufrieden

Die EU-Kommission war damit unzufrieden, wie ein Schreiben des ÖVAG-Vorstands aus dem Jahr 2010 zeigt. Darin heißt es, dass die EU-Kommission nicht nur bei der ersten Staatshilfe im Jahr 2009, sondern auch „zum derzeitigen Zeitpunkt“ (Jahr 2010) Zweifel am Status der ÖVAG anmeldet.

Um die Bedenken auszuräumen, begann die ÖVAG die Evaluierung von drei Teilprojekten: Verkauf der Immobiliengesellschaft Europolis, Verkauf der Investkredit und ÖVAG-Partnersuche. „Es stellte sich relativ bald heraus, dass alle Sanierungsmaßnahmen misslungen sind“, sagt Rechtsanwalt Kapsch. Von den drei Maßnahmen wurde nur der Verkauf der Europolis umgesetzt. „Doch führte dieser Verkauf zu keiner Verbesserung der Eigenmittel“, so Kapsch. Denn die ÖVAG habe dem neuen Europolis-Eigentümer weiterhin Finanzierungen zur Verfügung gestellt.

Vor Gericht wurde ÖVAG-Mitarbeiter Klaus Gugglberger als Zeuge befragt. Er hat erklärt, dass es Fusionsgespräche mit der Bawag gegeben habe. Diese haben sich bis zum Mai 2010 „recht erfolgsversprechend“ entwickelt, seien dann aber gescheitert. „Weiters stand der Verkauf der Investkredit zur Debatte. Dieser hat sich dann allerdings, nach dem Scheitern der Partnersuche, als nicht mehr sinnvoll erwiesen“, so Gugglberger. Die EU-Kommission verlangte daraufhin im Juli 2010 die Einreichung eines Restrukturierungsplans, was laut Kapsch „von der ÖVAG der Öffentlichkeit verschwiegen wurde“. Die Bank sprach 2010 und 2011 in offiziellen Aussendungen von einer „Trendwende zum Positiven“ und von einem Turnaround. Die Anwälte der Volksbanken wiesen vor Gericht alle Vorwürfe zurück.

Auf einen Blick

Die EU-Kommission hat schon 2010 massive Zweifel an der Lebensfähigkeit des Volksbanken-Spitzeninstituts ÖVAG angemeldet, wie neue Dokumente zeigen. Trotzdem wird die Bank erst jetzt abgewickelt. Bei einer früheren Abwicklung wäre dem österreichischen Steuerzahler viel Geld erspart worden.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.08.2015)

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