Aipac: „Besser als jede andere Lobby“

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Die Aipac, die stärkste jüdische Lobby, ist eine Hausmacht in der US-Politik.

Nur der Präsident und die Außenministerin fehlten. Aber die Absenz von Barack Obama und Hillary Clinton war insofern entschuldigt, als sie im Vorjahr – damals noch als Präsidentschaftskandidaten – der Jahreskonferenz des „American Israel Public Affairs Committee“ (Aipac) ihre Aufwartung gemacht hatten. Doch sonst war bei der diesjährigen Aipac-Tagung in Washington, jüngst alles vertreten, was in der US-Politik Rang und Namen hat: Vizepräsident Joe Biden, Stabschef Rahm Emanuel, demokratische Senatoren wie John Kerry und Republikaner wie Newt Gingrich.

Stolz verkündeten die Organisatoren, dass sie im US-Kongress 508 Treffen vereinbart hatten – bei insgesamt 535 Abgeordneten eine beachtliche Leistung. Aus Israel kamen als hochkarätiger Aufputz Präsident Schimon Peres und Ex-Außenministerin Tzipi Livni. Und Premier Benjamin Netanjahu war per Video-Schaltung aus Jerusalem präsent.

Die Prominenz der Gäste unterstreicht die Hausmacht, die die Aipac als einflussreichste jüdische Lobby und als Sachwalterin israelischer Interessen in der US-Politik genießt. Bill Clinton bezeichnete sie einst als „besser als jede andere Lobby“; sein früherer Gegenspieler Gingrich pries sie gar als die „effektivste Interessenvertretung des Planeten“. Ihre Effizienz übersteigt selbst die der Waffenlobby NRA oder der Ölindustrie.

„Kosher Nostra“

Akribisch verfolgt die Aipac, eine Organisation von 250 Mitarbeitern und 100.000 Mitgliedern, das Abstimmungsverhalten der Abgeordneten im Kongress und dokumentiert es auf ihrer Homepage. Sie liefert den Parlamentariern Dossiers und Expertisen, sie veranstaltet Seminare über Islamismus und Terrorismus, sie lädt zu Gruppenreisen nach Israel ein – und sie treibt Spendengelder für Wahlkämpfe auf.

Der Einfluss der jüdischen Lobby ist erst nach dem Sieben-Tage-Krieg 1967 schlagartig gewachsen. Noch Israels Staatsgründer David Ben-Gurion hatte während des Zweiten Weltkriegs keinen Termin im Weißen Haus erhalten. Inzwischen kommt beinahe jeder israelische Regierungschef zum Privileg einer Rede im Kongress. Die USA stellen jährlich drei Milliarden Dollar Finanzhilfe für Israel bereit und verhindern durch ihr Veto jede UN-Resolution gegen Israel.

Mit ihrem Buch „Die Israel-Lobby“ haben die Politologen Stephen Walt und John Mearsheimer gehörig Staub aufgewirbelt. Sie unterstellten, eine neokonservative „Kosher Nostra“ in der Bush-Regierung habe den Irak-Krieg nur zum Schutze Israels angezettelt.

Die sechs Millionen Juden in den USA, eine Minderheit von zwei Prozent, sind indes alles andere als eine homogene Gruppe – obwohl 78 Prozent für Obama votiert haben. Evangelikale Christen gelten als mindestens ebenso radikale Unterstützer Israels.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.05.2009)


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