Wer vererbt, kann Erbrecht wählen

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Wahlmöglichkeit für alle, die in anderem EU-Staat leben.

Wien. Ab heute gelten für grenzüberschreitende Erbfälle in der EU neue Regeln. Wer über seinen Nachlass nachdenkt und in einem anderen Land als seinem Heimatstaat lebt, kann wählen, welches Erbrecht auf seinen Fall anzuwenden sein soll: das seiner Heimat oder das seines neuen gewöhnlichen Aufenthalts. Die zur Vereinfachung gedachte Neuerung, der Großbritannien, Irland und Dänemark nicht gefolgt sind, könnte freilich neue Probleme schaffen.

Bisher richtete sich das anzuwendende Erbrecht nach der Staatsangehörigkeit des Verstorbenen. Ab sofort ist in 25 EU-Ländern primär das Recht jenes Staates anzuwenden, in dem der Erblasser seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte. Ein österreichischer Pensionist, der auf Dauer nach Mallorca übersiedelt ist, vererbt also nach spanischem Erbrecht – es sei denn, er hat im Testament verfügt, dass österreichisches Recht angewendet werden soll.

Das kann einen großen Unterschied machen: So kann etwa das Pflichtteilsrecht, das unabhängig von letztwilligen Verfügungen den Angehörigen einen Mindestanteil am Nachlass sichern soll, hier ganz anders geregelt sein als dort. Ein Brite, der in Österreich lebt, könnte (obwohl Großbritannien bei der Vereinheitlichung nicht mitmacht) für sein Heimatrecht optieren, weil die Briten gar kein Pflichtteilsrecht kennen.

Böswillige Nachkommen könnten versucht sein, ihre Vorfahren in eine für sie günstige Rechtsordnung zu bringen. Anwalt Alexander Hofmann rechnet aber damit, dass sich eine Anti-Missbrauch-Judikatur herausbilden wird; außerdem tritt er dafür ein, als Ort des gewöhnlichen Aufenthalts den Staat zu wählen, zu dem die – nicht leicht manipulierbare – stärkste Beziehung bestand. (kom)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.08.2015)

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