Für Franz Fiedler schafft zu viel Verwaltung Probleme. Über Vergaben sollte von Kommissionen entschieden werden.
„In den vergangenen Jahren gab es immer wieder Fälle, die für Aufsehen gesorgt haben. Beispielsweise die Vergabe eines großen Reinigungsauftrags im Wiener AKH.“
Franz Fiedler, Ex-Rechnungshof-Präsident und bis März 2014 Präsident des Beirates von Transparency International, findet klare Worte, wenn es um Korruption, Unsauberkeiten und fließende Grenzen zwischen sauberer Wirtschaft und unsauberen Geschäften in der Wiener Verwaltung geht. Wobei die Ungereimtheiten rund um den millionenschweren Reinigungsauftrag im AKH (in erster Instanz gab es Freisprüche, der Staatsanwalt meldete Rechtsmittel an) nur die Spitze des Eisbergs sind. „Die Korruption hat sich im vergangenen Jahrzehnt herausgebildet, und das findet seinen Niederschlag.“ Wobei Wien im Bundesländervergleich nicht die große Ausnahme sei: „Im Korruptionsranking ist Österreich seit 2005 vom zehnten auf den 23. Platz zurückgefallen. Das ist sicher nicht ohne Grund passiert.“
Was ist das Problem in Wien? „Wien hat eine stark ausgeprägte Bürokratie. Und weltweite Erfahrungen zeigen, dass bürokratische Strukturen besonders korruptionsfördernd sind – weil sie wenig durchlüftet sind“, diagnostiziert der Ex-Rechnungshof-Präsident. Der Grund: Es gibt gewisse Verfahrensweisen, die dazu führen, dass bei der Vergabe öffentlicher Aufträge und auch im Gesundheitsbereich „nicht nur nach legalen Regeln vorgegangen wird, dass es eine Art Kuvert-Medizin gibt, mit der Privatpatienten bevorzugt werden“. Das werde zwar in Abrede gestellt, bei verdeckten Ermittlungen aber immer wieder aufgezeigt.
Was ist die Lösung? Bei der Vergabe von öffentlichen Aufträgen dürfe diese nicht in der Hand einzelner Personen sein, es müsste vielmehr eine Kommission entscheiden, schlägt Fiedler vor: „Die ist automatisch schwerer zu beeinflussen als Einzelpersonen.“ Dazu müsste eine Art Rotation eingeführt werden. Das bedeutet: Es darf nicht immer dieselbe Person mit gewissen Entscheidungen betraut sein. Dadurch würde die Zahl der Bestechungsversuche automatisch sinken, weil sich zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer keine langjährige Beziehung aufbauen kann. Durch ständig wechselnde Sachbearbeiter würden sich auch „kleine Freundschaftsdienste“ automatisch in Grenzen halten.
Das Dilemma der SPÖ
Wobei Fiedler festhält: Wien sei keine negative Ausnahme. Aber die enorme Anzahl der öffentlichen Bediensteten und der hohe Grad der Bürokratisierung fördere zwangsläufig die Entstehung von Filz. Und hier müsse die Politik mehr Druck machen, was schwierig sei. Denn die stärkste Partei in Wien habe eine Reihe von Unternehmungen, die sich auch um städtische Aufträge bewerben würden: „Das kann und soll man denen nicht verbieten, das ist legitim, aber hier muss man besondere Vorsicht walten lassen“, so Fiedler.
ZUR PERSON
Franz Fiedler (geb. 1944) ist Jurist, war zunächst als Richter und Staatsanwalt tätig. Später wechselte er als Sekretär des ÖVP-Parlamentsklubs in die Politik, wurde Rechnungshof-Präsident und unterstützte schließlich bis 2014 die NGO Transparency International. [ Fabry ]
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("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.08.2015)