Russlands Ölkonzerne jubeln

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Der starke Preisverfall trifft alle Ölkonzerne – aber die russischen sind einer Studie der Ratingagentur Moody's zufolge die profitabelsten. Das hat mit dem Steuersystem zu tun.

Wien. In kaum einem anderen Rohstoffstaat hat der Ölpreisverfall größere Angst ausgelöst als in Russland. Kein Wunder, schließlich war Russland bereits durch die strukturelle Krise und die westlichen Sanktionen in eine Stagnation geschlittert, die 2015 in eine tiefe Rezession münden sollte. Die Angst war dennoch übertrieben. Zumindest auf dem Ölsektor zeigt sich, dass Russlands Konzerne besser dastehen als ihre globalen Konkurrenten, wie die Ratingagentur Moody's auf Basis der Ergebnisse des ersten Quartals 2015 analysiert.

Gleich zwei Momente seien es, die den russischen Ölfirmen einen Vorteil verschafften und ihre Finanzsituation gestärkt hätten, schreibt Moody's: Die Abwertung des Rubels und das neue Steuersystem für den Ölsektor.

Konkret orientiert sich das System nicht am Gewinn, sondern am Ölpreis und am Liefervolumen. Als der Ölpreis zu Jahresbeginn fiel, fielen auch die Steuern. Waren bei einem Preis von 100 Dollar je Barrel 69 Prozent Exportzoll abzuliefern, sind es bei einem Preis von 60 Dollar nur 60 Prozent. Die Unternehmen verloren damit durch den Ölpreisverfall lediglich 20 Prozent. Die großen Einnahmenverluste muss der Staat verkraften.

Auch die Rubelabwertung kommt den Unternehmen zugute. Der durch den Ölpreisverfall, aber auch die Kapitalflucht verursachte Wertverlust der russischen Währung spülte den Firmen auf Rubelbasis nahezu doppelt so viel Geld in die Kassen. Weil so gut wie alle Ausgaben in Rubel anfallen, während die Erlöse in Dollar erzielt würden, sei nicht nur der freie Cashflow gestiegen, so Moody's. Auch der Umsatz in Rubel sei nach Abzug der Exportzölle und der Fördersteuer in etwa gleich geblieben oder gar gewachsen. Am meisten würden die exportorientierten Branchengrößen Rosneft und Lukoil profitieren. Diesen Vorteil haben die Konkurrenten nicht. Die meisten haben Tausende Mitarbeiter abgebaut und Investitionen von 200 Mrd. Dollar aufgeschoben.

Höhere Dividendenrendite

Auf Dollarbasis fielen indes die Einnahmen Russlands aus dem Ölexport im ersten Quartal um 41,5 Prozent auf 22,7 Mrd. Dollar, obwohl um 12,8 Prozent mehr Öl exportiert worden ist. Als Konsequenz wurden auch in Russland teure Investitionen verschoben.

Auch die Investmentbank Goldman Sachs verweist darauf, dass die russischen Ölkonzerne trotz des niedrigen Ölpreises ausreichend Cashflow generieren und eine höhere Dividendenrendite bieten als die Konkurrenz. Das werde auch im Gesamtjahr 2015 so sein. Nehme man den für die Ölbranche beliebten Quotienten aus Unternehmenswert und schuldenbereinigtem Cashflow (EV/DACF), so zeige sich, dass dieser im russischen Ölsektor um 20 Prozent unter dem Niveau der letzten zwei Jahre liege und dass der Abschlag, mit dem russische Ölunternehmen im Branchenvergleich gehandelt werden, so groß sei wie noch nie.

Entsprechend optimistisch gibt sich Goldman Sachs und hat drei Ölkonzerne (Rosneft, Gazpromneft und Baschneft) von „Halten“ auf „Kaufen“ hochgestuft. Das Wachstumspotenzial liege bei 40 bis 50 Prozent. Der Moment für einen Einstieg sei günstig wie lange nicht. Analysten zufolge würden die Zahlen für das zweite Quartal einen Kurssprung bringen.

Noch sind Investoren skeptisch, zumal die teils zweifelhafte Renationalisierung des Sektors dem Image geschadet hat. Auch bleibt die Gesamtsituation herausfordernd. Zwar hat Russland im Vorjahr mit täglich 10,578 Millionen Barrel einen postsowjetischen Förderrekord aufgestellt. Aber die Lagerstätten gehen zur Neige, und neue sind schwerer zugänglich.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.08.2015)

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