AidWatch-Report: Österreich "Schurkenstaat der Hilfe"

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ENTWICKLUNGSHILFE IN BURKINA FASO(c) APA (Michael Anheier)
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Nur 0,42 Prozent des Bruttonationaleinkommens in Österreich gehen an die Entwicklungszuammenarbeit. Damit liegt Österreich im unteren Drittel der "alten" EU-15.

Österreich befindet sich mit einem Beitrag von 0,42 Prozent des Bruttonationaleinkommens zur Entwicklungszusammenarbeit nur im unteren Drittel der 15 "alten" EU-Länder. Das geht aus dem "AidWatch-Report 2009" des NGO-Dachverbands "Concord" hervor, in dem die entwicklungspolitischen Leistungen der EU-Mitglieder verglichen werden. Österreich sei damit ein "Schurkenstaat der Hilfe", meinte Ruth Picker, Geschäftsführerin der Entwicklungshilfe-Arbeitsgemeinschaft "Globale Verantwortung", bei einer Pressekonferenz zum "AidWatch Report" am Montag in Wien.

"Bei strenger Berechnung halbiert sich der Beitrag Österreichs zur Entwicklungszusammenarbeit auf 0,20 Prozent", sagte Picker weiter. Die österreichische Regierung mogele sich "seit Jahren mit aufgeblähten Zahlen durch", da "höchst fragwürdige" Kosten eingerechnet würden, wie Flüchtlingsbetreuung und Entschuldungen, meinte sie. Der Anteil von Entschuldungen am Beitrag zur Entwicklungshilfe sei gar mit 43 Prozent der höchste in der gesamten EU. In dieser Statistik folgen die Slowakei mit 26 Prozent und Deutschland mit 19 Prozent auf den Plätzen zwei und drei. Dies sei eine "Schande für eines der reichsten Länder der EU", meinte die "Globale-Verantwortung"-Geschäftsführerin.

Österreich verfehlt Zielsetzung bis 2010

Das Versprechen, bis 2010 einen Anteil von 0,56 Prozent des Bruttonationaleinkommens für Entwicklungszusammenarbeit bereitzustellen, wird Österreich laut dem Bericht nicht erreichen. Es sei jahrelang verabsäumt worden, den "absehbaren Wegfall von Entschuldungen auszugleichen". Da sich die Regierung von Werner Faymann (SPÖ) und Josef Pröll (ÖVP) auch "vom Erreichen der UNO-Millenniumsziele verabschiedet" habe, resümiert Picker, dass Österreich mit seiner Entwicklungspolitik 2010 "als eines der Verliererländer dastehen wird". Das UNO-Millenniumsziel liegt bei 0,7 Prozent des BNE für 2015.

Insgesamt kommt der Bericht zu dem Schluss, dass nur zehn von 27 EU-Staaten ihre Verpflichtungen gegenüber den Entwicklungsländern einhalten werden. Obwohl auch 2008 ein Anstieg von vier Milliarden Euro verzeichnet werden konnte, fehlen nach wie vor 20 Milliarden, um auf den bis 2010 zugesagten Betrag zu kommen. Bei strenger Berechnung seien es sogar 39 Milliarden Euro. Dies ist eine "Katastrophe" für die verarmten Länder, welche die Hauptlast von Klimawandel und Wirtschaftskrise tragen, so Picker. Spitzenländer bei der Entwicklungshilfe dagegen sind Luxemburg, gefolgt von Schweden, Dänemark und den Niederlanden.

Hildegard Wipfel von der Koordinierungsstelle der Österreichischen Bischofskonferenz (KOO) sagte, dass durch das Bekenntnis Österreichs, die Mittel für die Entwicklungszusammenarbeit zu steigern, in den Partnerländern Erwartungen geweckt wurden und nun "ausgearbeitete Projektvorschläge in der Schublade liegen", die aber nicht umgesetzt werden. Diese Projekte würden vor allem in den Bereichen Ernährung, Bildung und Gesundheit eine Multiplikatorwirkung haben und zur Erreichung der Millenniumsziele beitragen, sagt Wipfel. Gerade weil Österreich derzeit im höchsten UNO-Gremium, dem Sicherheitsrat, vertreten ist, sollte die Regierung jetzt konkrete Maßnahmen zur Erreichung der Millenniumsziele beschließen.

Österreich "fürchtet sich vor Populismus"

Ein Problem dabei sei, dass sich die Regierung in Österreich zu sehr vor Populismus fürchte und der österreichischen Bevölkerung zu wenig zutraue, meint der Vorsitzende von Fairtrade Österreich, Helmut Schüller, mit Verweis auf aktuelle Wahlkampfaussagen aus der FPÖ. Das Verständnis für "die Zusammenhänge in einer globalisierten Welt und auch für das Thema Entwicklungszusammenarbeit ist weit größer, als unsere Politik glaubt", sagt Schüller. Dies sei sowohl an den Umfragen des Eurobarometers erkennbar, als auch an der Spendenbereitschaft oder am Erfolg der Fairtrade-Produkte.

Entwicklungszusammenarbeit sei "keine Unterabteilung der Außenpolitik, sondern im höchsten Maße Europa- und Innenpolitik bzw. Sicherheitspolitik", betonte der Probstdorfer Pfarrer. Ein Problem im Vergleich zu anderen Ländern sei auch, dass Österreich keinen eigenen Entwicklungsminister hat, sondern der Außenminister die politische Verantwortung trägt.

(APA)


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