Calais: Gegen Schlepper am Eurotunnel

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Paris und London haben sich auf ein gemeinsames Vorgehen geeinigt. Mit einem Kontrollzentrum in Frankreich sollen Schlepperbanden ausgeforscht werden.

Wien/London/Paris. Ziel sind oft die Lastwagen: Flüchtlinge klettern auf sie, oder sie springen von der Brücke auf einen fahrenden Lkw, um so über den Eurotunnel nach Großbritannien zu gelangen. Viele starben dabei oder wurden verletzt, und die regelmäßigen Versuche der Flüchtlinge, über den Tunnel von Frankreich nach England zu gelangen, haben in der Vergangenheit auch den Verkehr erheblich beeinträchtigt.

Nun haben der französische Innenminister, Bernard Cazeneuve, und die britische Innenministerin, Theresa May, eine Vereinbarung zum gemeinsamen Vorgehen in der Flüchtlingskrise unterzeichnet. Demnach soll ein gemeinsames Kontrollzentrum im französischen Calais eingerichtet und zu gleichen Teilen betrieben werden. Die Regierungen wollen damit den Kampf gegen Schlepperbanden aufnehmen. „Nötig ist ein sehr starkes Signal hier in Calais, dass man nicht einfach so die Grenze überqueren kann“, so Cazeneuve.

In Calais selbst sind tausende Flüchtlinge gestrandet, die in teils elenden Quartieren oder unter freiem Himmel ausharren müssen. Viele von ihnen erhoffen sich ein besseres Leben in Großbritannien. Auf dem Höhepunkt der Krise, Ende Juli, wurden im Eurotunnel pro Nacht teils mehr 2000 Fluchtversuche gezählt. Paris und London ließen dann neue Absperrzäune errichten, anschließend sank die Zahl der Fluchtversuche. Das neue Abkommen zwischen Paris und London sieht auch vor, dass die Flüchtlingshilfe in Calais verstärkt werden soll. London will zehn Millionen Euro zur Verfügung stellen, womit neue Unterkünfte – allerdings weit weg von Calais – gebaut werden sollen.

Gleichzeitig wollen die Regierungen die Sicherheitsmaßnahmen am Hafen von Calais sowie am Eurotunnel verstärken. London will unter anderem die Finanzierung eines Überwachungssystems übernehmen. In der Vergangenheit hatte der Umgang mit der Flüchtlingskrise zwischen London und Paris zu gegenseitigen Vorwürfen geführt. Insbesondere französische Politiker warfen London vor, angesichts des Flüchtlingsandrangs nicht entschieden genug zu handeln; die ganze Last würde auf französischen Schultern liegen. (APA/ag.)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.08.2015)

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