Am 1. November sollen die Türken erneut über Parlament abstimmen. Bis zur Wahl soll nach seinen Worten eine Übergangsregierung die Geschicke des Landes lenken.
Istanbul. Seit Wochen war diese Entscheidung erwartet worden. Jetzt ist es fix: In der Türkei werden Neuwahlen abgehalten. Am 1. November sollen die Bürger zum zweiten Mal innerhalb einiger Monate über die Zusammensetzung des Parlaments in Ankara entscheiden. Das kündigte am Freitag Präsident Recep Tayyip Erdoğan an. Bis zur Wahl soll nach seinen Worten eine Übergangsregierung die Geschicke des Landes lenken.
Erdoğans konservativ-islamische Partei AKP wurde bei der Parlamentswahl am 7.Juni zwar stärkste Kraft, verlor aber die absolute Mehrheit. Koalitionsgespräche mit der sozialdemokratischen CHP und der nationalistischen MHP scheiterten. Nun hoffen Erdoğan und seine AKP, bei den Wahlen am 1.November die absolute Mehrheit zurückzuerobern.
Die Übergangsregierung soll bereits kommende Woche von Premier Ahmet Davutoğlu gebildet werden. Nach den Worten Erdoğans können diesem Kabinett auch Personen angehören, die derzeit nicht im türkischen Parlament sitzen.
Strategie gegen HDP
Es war der Erfolg der linken, prokurdischen Partei HDP, der Erdoğans AKP bei den letzten Wahlen die absolute Mehrheit kostete. Nun hofft die AKP offenbar, dass das Wiederaufflammen des Konflikts mit den Kurden die HDP bei den kommenden Wahlen schwächen könnte. Zuletzt hatten nämlich nicht nur Kurden, sondern auch viele eher links stehende Türken die HDP gewählt – in der Hoffnung, damit den immer stärker anwachsenden Machtambitionen Erdoğans einen Riegel vorzuschieben. Nun könnten diese Wähler angesichts der Unruhen im Osten des Landes davor zurückschrecken, erneut der prokurdischen Partei die Stimme zu geben, hofft die AKP.
Diese Strategie Erdoğans könnte aber auch schiefgehen. Denn seine harte Haltung im Kurdenkonflikt könnte der HDP sogar noch mehr Wähler zutreiben. (APA/Reuters/red.)
("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.08.2015)