Militärmanöver: Ein kühler Krieg kehrt zurück

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Die Nato und Russland präsentieren so oft und so intensiv wie schon lang nicht mehr ihre militärischen Fähigkeiten – auch China beteiligt sich am neuen Säbelrasseln.

Brüssel/Wien. Knapp 5000 Soldaten aus elf Nato-Ländern nehmen derzeit an Swift Response 15, der größten Luftwaffenlandeübung des Bündnisses seit Ende des Kalten Krieges teil. Noch bis 13. September werden schnelle Einsätze mit Fallschirmspringern geübt. Offiziell gibt es keinen Zusammenhang mit der Ukraine-Krise. Es gehe lediglich um ein „starkes und sicheres Europa“, heißt es in einer US-Erklärung.

Doch es dürfte kein Zufall sein, dass die Nato gerade jetzt dieses Großmanöver abhält und dabei osteuropäische Länder einbindet. Denn auch Russland versucht vermehrt, mit Ad-hoc-Manövern militärische Stärke zu signalisieren. Erst im vergangenen März hat zudem ein russisches Großmanöver mit 80.000 Soldaten stattgefunden.

Noch ist es kein kalter, aber ein kühler Krieg, der von regelmäßigem militärischen Säbelrasseln begleitet wird. Und das auf globaler Ebene: Fern von Europa im Pazifik hält die russische Marine gerade eben ein gemeinsames Manöver mit China ab. Auch das trägt zur Verunsicherung vor allem in den USA bei. Ende vergangener Woche sind sieben chinesische Kriegsschiffe in den Hafen der russischen Stadt Wladiwostok eingelaufen. Der russische Vizeadmiral Alexander Fedotenkow sprach von einem beispiellosen Manöver in der militärischen Zusammenarbeit beider Mächte. Noch bis 28. August sind insgesamt 22 Schiffe, 20 Flugzeuge und mehr als 500 Seeleute im Einsatz. Freilich führen auch die USA aktuell ein regelmäßig abgehaltenes gemeinsames Manöver mit Südkorea durch.

Selbst wenn das beide Seiten dementieren: Es ist längst ein neues Wettrüsten im Gang. Am Wochenende testete Russland eine mit Atomsprengköpfen bestückbare Interkontinentalrakete. Die Rakete vom Typ RS-12M startete vom südrussischen Gebiet Astrachan und landete in Kasachstan. Die Nato baut ihre militärischen Kapazitäten in Osteuropa aus. In Litauen, so wurde erst kürzlich angekündigt, soll ein neuer Stützpunkt für schnelle Kriseneinsätze errichtet werden. Insgesamt sind fünf neue Stützpunkte für schnelle Eingreiftruppen in der Größenordnung von 4000 Soldaten geplant. Deutschland musste wegen der immer größeren Nato-Übungen sogar bereits sein Militärbudget erhöhen. In diesem Jahr sollen zusätzliche 20 Millionen Euro in den Verteidigungshaushalt fließen. Das größte Nato-Manöver dieses Jahres steht nämlich noch bevor. Vom 28. September bis 16. Oktober werden mehr als 30.000 Soldaten bei der Übung Trident Juncture in Südwesteuropa im Einsatz sein.

Profil der Manöver verändert

Sicherheitsexperten des European Leadership Network (ELN) warnen davor, dass sich beide Mächte auf eine neue militärische Konfrontation einstellen. „Russland bereitet sich auf einen Konflikt mit der Nato vor und die Nato bereitet sich auf einen möglichen Konflikt mit Russland vor“, heißt es in einem Papier des Thinktank, das am 12. August veröffentlicht wurde. ELN-Direktor Ian Kearns wies darauf hin, dass dies aus den Profilen der militärischen Übungen beider Seiten herauszulesen sei.

Die Nato wies diese Einschätzung entschieden zurück. „Wir haben immer wieder klargestellt, dass wir keine Konfrontation mit Russland suchen“, heißt es in einem Statement zum ELN-Papier. Das Bündnis ging auch auf Vorwürfe der Experten ein, dass es neben der militärischen Option die diplomatischen Bemühungen gegenüber Moskau derzeit vernachlässige. „Über zwei Jahrzehnte haben wir versucht, eine kooperative Beziehung mit Russland aufzubauen. Aber Russland hat Grenzen militärisch verändert und unterstützt weiterhin Separatisten in der Ukraine, außerdem droht es mit der Stationierung von atomaren Raketen nahe den Grenzen der Allianz.“ Deshalb habe die Nato ihre Präsenz im östlichen Teil erhöht, argumentiert Nato-Sprecherin Carmen Romero. (wb/ag.)

AUF EINEN BLICK

Manöver. Die Nato und Russland führen mehr Militärmanöver durch als in der Vergangenheit. Derzeit üben 5000 Nato-Soldaten Luftlandeoperationen in Europa. Es ist die größte Übung dieser Art seit Ende des Kalten Kriegs. Russland führt im Pazifik erstmals auch gemeinsame Manöver mit China durch. Sicherheitsexperten warnen vor einer Eigendynamik durch eine beiderseitige Vorbereitung auf Konfrontationen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.08.2015)

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