Deutschland: Rechtsextreme Gewalt gegen Asylnotheim

Policemen watch right wing protesters who are against bringing asylum seekers to an accomodation facility in Heidenau
Policemen watch right wing protesters who are against bringing asylum seekers to an accomodation facility in Heidenau(c) REUTERS (AXEL SCHMIDT)
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Vor einer Flüchtlingsnotunterkunft im sächsischen Heidenau kam es in der Nacht zum Sonntag zum zweiten Mal in Folge zu Ausschreitungen.

Heidenau/Berlin. Mit ihren rund 16.000 Einwohnern war die Stadt Heidenau bei Dresden noch vor Kurzem ein mehr oder weniger beschauliches Idyll. Dieses Bild hat sich in den vergangenen Tagen dramatisch gedreht: Zum zweiten Mal in Folge kam es in der Nähe eines Notquartiers für Flüchtlinge in der Nacht zum Sonntag zu rechtsextremen Ausschreitungen. Die Polizei ging vereinzelt mit Schlagstöcken gegen die gewaltbereite Menge vor. Der Mob warf Flaschen und Feuerwerkskörper auf die Beamten.

Schon tags zuvor hatten einige der Demonstranten versucht, die Flüchtlinge bei dem Einzug in ihre neue Unterkunft – einen leer stehenden Baumarkt – zu hindern. Rund 200 Asylwerber sollen sich derzeit in dem Gebäude aufhalten, das für 600 Menschen ausgelegt ist.

Den Krawallen vorausgegangen war eine Demonstration mit rund 1000 Teilnehmern, zu der die rechtsextreme NPD aufgerufen hatte. Deutschlands Innenminister, Thomas de Maiziere, verurteilte die Ausschreitungen scharf: „Alle Asylbewerber und Flüchtlinge, ganz gleich, ob sie später bleiben werden, haben das Recht auf eine anständige Unterbringung und Aufnahme, auf ein faires Verfahren.“ Der CDU-Politiker konstatierte, dass es seitens der Bevölkerung zwar eine große Hilfsbereitschaft gäbe – gleichzeitig aber auch ein Anstieg von Hass, Beleidigungen und Gewalt gegen Asylwerber zu bemerken sei. „Das ist unseres Land unwürdig und unanständig“, bemerkte de Maizière.

Landesinnenminister Markus Ulbig (CDU) machte klar, dass es in Sachsen gegenüber Fremdenfeindlichkeit eine Null-Toleranz-Politik gebe. In Ostdeutschland kommt es immer wieder zu rassistischen Übergriffen. Im Vorjahr fand dort fast die Hälfte aller rechtsextremen Gewalttaten statt. Und das, obwohl in den Bundesländern gerade einmal 20 Prozent der Gesamtbevölkerung leben. Auch die islamfeindliche Pegida-Bewegung nahm in Dresden ihren Ausgang.

Wegen der neuerlichen Ausschreitungen in Heidenau warnte Grünen-Fraktionschefin, Katrin Göring-Eckardt, vor neuem Rechtsextremismus in Deutschland. Einzelne Krawalle könne man zwar nie ausschließen, erklärte sie am Sonntag in Berlin. „wenn aber ein rechter Mob in zwei Nächten nacheinander Menschen bedrohen kann, dann ist das Gewaltmonopol des Staates in Gefahr“. Die „Zögerlichkeit“ der deutschen Kanzlerin Angela Merkel (CDU), die richtigen Worte zu finden, könne sie nicht mehr verstehen, so Göring-Eckardt.

Mehr Geld nötig

Deutschland rechnet in diesem Jahr mit der Ankunft von 800.000 Flüchtlingen. Nach Aussagen von SPD-Chef Sigmar Gabriel stellt der Bund den Ländern und Kommunen dafür eine Milliarde Euro zur Verfügung. Das reiche jedoch nicht, so Gabriel. Seiner Ansicht nach muss die Regierung das Budget mindestens verdreifachen. Auch werde man viel Geld für die Weiterbildung und Integration der Flüchtlinge ausgeben müssen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.08.2015)

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