Auschwitz-Eklat: Schüler muss gehen

(c) AP (CZAREK SOKOLOWSKI)
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Nach dem Eklat bei einer Klassenfahrt nach Auschwitz wird ein Schüler vom Unterricht ausgeschlossen. Fünf weitere kommen mit einer "Rüge" davon. Den Lehrern steht eine "Belehrung" durch den Landesschulinspektor bevor.

Die antisemitischen Aussagen und Störaktionen einiger Schüler auf der Schulfahrt in das ehemalige KZ Auschwitz bleiben nicht ohne Folgen: Ein 16-jähriger Schüler der AHS Albertgasse wird von der Schule ausgeschlossen.

Der ehemalige Landesschulrats-Präsident Kurt Scholz kritisiert diese Sanktionen. Derartige "Drohgebärden" würden nur "Scheinanpassung" und "Heucheln" zur Folge haben.

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Die Disziplinarkonferenz des Gymnasiums, in der Lehrer, Elternvertreter und Schüler sitzen und die auf Druck des Stadtschulrats eingesetzt wurde, hat am Dienstag mehrheitlich einen Antrag auf sofortigen Schulausschluss des 16-Jährigen gestellt, den der Stadtschulrat annehmen wird, so Matias Meißner, Sprecher von Stadtschulratspräsidenten Susanne Brandsteidl.

"Kein Bagatelldelikt"

„Es ist eben kein Bagatelldelikt“, sagt Meißner, „wenn man als Schulklasse aus Auschwitz geworfen wird.“ Der Jugendliche hat nicht nur antisemitische Aussagen getätigt, er wurde auch gegenüber einem Schüler einer anderen Schule handgreiflich.

Fünf weitere Schüler der AHS Albertgasse, die ebenfalls durch „zynische Aussagen“ (Meißner) aufgefallen sind (etwa: „Super, auf ins KZ“), kommen mit einer „Rüge“ davon. „Im Sinne einer zweiten Chance“, erklärt Meißner.

"Ein pädagogisches Versäumnis"

Den drei Lehrern, die die 44 Schüler zweier sechster Klassen auf der Fahrt nach Auschwitz begleitet haben, steht eine „Belehrung“ des Landesschulinspektors  bevor: Denn es sei „ein pädagogisches Versäumnis“, dass die Schüler offenbar nicht ausreichend auf den Besuch des ehemaligen KZ vorbereitet wurden. „Das war“, sagt Meißner, „eben kein Wandertag.“

Tatsächlich waren die Lehrer der AHS Albertgasse die einzigen Pädagogen, die die Vorbereitungsworkshops nicht besucht haben, die die Organisatoren der Gedenkfahrt – der Verein „Morah“ – im Vorfeld angeboten haben. „Obwohl wir darum gebeten haben“, sagt „Morah“-Sprecherin Olivia Pixner-Dirnberger. Mit den übrigen Schulen – insgesamt nahmen an der Gedenkfahrt Ende April mehr als 400 Schüler aus 14 österreichischen Schulen teil – habe es „nicht einmal ansatzweise“ Probleme gegeben. Im Gegenteil: „Die Schüler waren sehr sensibel und sehr respektvoll.“

Gruppe schon im Bus unangenem aufgefallen

Nicht so die Gruppe aus der Albertgasse. Die sei „schon im Bus unangenehm aufgefallen“, sagt Pixner-Dirnberger, und wurde schließlich früher heimgeschickt, nachdem „Morah“-Mitarbeiter „und andere Leute“ (Pixner-Dirnberger) von Aussagen wie „Die Juden gehören einfach vergast“ berichtet hatten. Sätze, die andere Schüler und Lehrer der AHS Albertgasse wiederum nicht gehört haben. Bei einer Befragung des Stadtschulrats konnte (oder wollte) sich keiner an derartige Aussagen erinnern, wohl aber an andere Sager, die „nicht tolerierbar sind“, so Meißner.

Daher wird einer der Jugendlichen von der Schule verwiesen. Ihm will der Stadtschulrat sein „gesamtes Angebot an Beratung“, etwa schulpsychologische Betreuung, bieten. Sollte er weiterhin eine Schule besuchen wollen – Schulpflicht besteht für ihn nicht mehr –, werde man sich bemühen, ihn in einer anderen Schule unterzubringen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.05.2009)

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