Nach Flügen könnten bald auch Zugreisende umfassend kontrolliert werden. Das grenzt an Sicherheitswahn.
Die Vorstellung ist keine Fiktion mehr: Wer mit dem Eurostar von Paris nach London fährt, muss schon jetzt durch einen Sicherheits-Check wie auf dem Flughafen. Passagiere müssen eine Stunde vor Abfahrt erscheinen, damit die Prozedur rechtzeitig abgeschlossen ist. Nach dem verhinderten Anschlag in einem Thalys-Zug werden nun europaweit Pläne für eine systematische Gepäckskontrolle und für die Überwachung aller Zugreisenden geschmiedet. Es ist nur noch eine Frage der Zeit, bis mitgebrachte Flüssigkeiten in Zügen verboten werden und Gürtelschnallen durch Röntgentunnel laufen müssen.
Für ein geringes Maß an Sicherheitsgewinn wird der Mensch immer mehr eingeschränkt. Es werden ihm Freiheit und Anonymität genommen. Dabei wird es die absolute Sicherheit sowieso nie geben. Nicht in Zügen, Bussen, U-Bahnen, bei Volksfesten, beim Spaziergang durch die Innenstadt. Selbst wenn alle Grenzen dichtgemacht, alle Züge und Busse kontrolliert würden, wird es Wahnsinnige wie einst den Briefbombenattentäter geben, die ihren Weg finden, Mitmenschen zu terrorisieren.
Ihre Gewalt ist zu bekämpfen. Aber es wäre eine Kapitulation, sich von ihnen auch noch das tägliche Leben einschränken zu lassen.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.08.2015)