Hangrutschungen besser abschätzen

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Durch Sommerregen kommt es häufiger zu Hangrutschungen. Forscher arbeiten an Simulationsmethoden, um die Gefahr berechenbar zu machen.

Massive Unwetter wie Sommerregen ziehen als Folge oft massive Hangrutschungen nach sich. Sie verursachen jährlich Schäden von durchschnittlich 200 Millionen Euro. Durch den Klimawandel können sich die Kosten in Zukunft verdoppeln, im schlimmsten Fall verneunfachen. Hierzulande zählt das Burgenland durch Wetter- und geologische Rahmenbedingungen zu den gefährdetsten Gebieten.

Um mögliche Gefahren abzuschätzen und frühzeitig zu erkennen, erstellen Wissenschaftler am Austrian Institute of Technology (AIT) Gefahrenhinweiskarten für Massenbewegungen.

„Wir verwenden bestehende Scans und geografische Daten und dokumentieren Rutschungen im Gelände mittels Fernerkundung und digitaler Höhenmodelle. Räumliche Basisdaten aus Geologie oder Landbedeckung fließen ebenfalls ein“, sagt Felix Steyskal vom AIT. In weiterer Folge kommen statistische Methoden und auch eine spezielle Software zum Einsatz.

Zur Gefahrenermittlung wendet das AIT statistische Evidenzgewichtung an. „Die in der Medizin eingesetzte Methode wird seit den 1980er-Jahren auch bei der Bestimmung von Rohstoffvorkommen verwendet. Wir gehen von uns bekannten Ereignissen in der Vergangenheit aus, die in einem bestimmten Gebiet stattgefunden haben und unter denselben Bedingungen im Umfeld wieder stattfinden können“, so Steyskal.

Szenarien werden simuliert

Zur Berechnung werden GIS-Daten in eine Simulationssoftware eingetragen. Daten ähnlicher Fälle werden mit Größen wie Niederschlagswahrscheinlichkeit, Bodenfeuchtigkeit oder Geomorphologie verglichen. Daraus wird ein Szenario errechnet, wie wahrscheinlich eine Hangrutschung auftritt. So bekommt eine Hangneigungsklasse, in der oft Ereignisse eintreten, eine höhere Gewichtung als eine, in der nie Bewegungen aufgetreten sind.

Nach Berechnung der Gewichte für alle Evidenzklassen werden diese miteinander kombiniert, um das mögliche Eintreten von Hangbewegungen auf einer Fläche von bis zu 2000 Quadratkilometern zu ermitteln.

Vier Farben für Gefahren

Damit die Karten besser lesbar sind, werden die Gefahrenklassen in vier Farben eingeteilt: von Gelb (keine Gefährdung) bis Rot (hohe Gefährdung). Die Karten sollen dem Zivil- und Katastrophenschutz helfen, sich auf besonders gefährdete Stellen konzentrieren zu können.

Landesforste können Schutzwälder ausweisen, die Erhaltung von Straßen- und Energie-Infrastruktur kann sichergestellt werden. „Besonders Raumordnungsabteilungen sind von unseren Karten begeistert, um Baustandorte besser einschätzen zu können“, sagt Steyskal. Er gibt jedoch zu bedenken: „Manche sehen darin eine Grundstücksentwertung. Manche Gebiete sind gefährdeter als andere. Das zu wissen schützt vor bösen Überraschungen.“ (mfw)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.08.2015)

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