Coworking Space mit Kindern

Eine Bürogemeinschaft, bei der nebenan die Kinder professionell betreut werden und man gemeinsam zu Mittag isst: Coworking Toddler soll noch heuer in Berlin starten.

Wenn es das, was man braucht, nicht gibt, muss man es eben selbst auf die Beine stellen: Als selbstständige Juristin wollte und musste Sandra Runge bald nach der Geburt ihrer Kinder wieder in den Job einsteigen: Allein, das bestehende Angebot an Kinderbetreuung in Berlin entsprach nicht ihren Bedürfnissen. Mit ihrem Mann und anderen Selbstständigen entwickelte Runge daher eine bestehende Elterninitiative namens Coworking Toddler weiter.

Die Idee, die es etwa in San Francisco oder Tokio schon seit Längerem gibt: Die Eltern (oder ein Elternteil) arbeiten im Coworking Space, im Gemeinschaftsbüro also, nebenan werden die Kleinkinder (bis drei Jahre) von ausgebildeten Pädagogen betreut. Es gibt Gemeinschaftsräume, in denen sich Eltern, Kinder und Erzieher zwischendurch treffen und etwa gemeinsam zu Mittag essen. Man spart sich dabei nicht nur den täglichen Umweg in eine Kita (wie die Kindergärten in Berlin heißen), sondern ist auch während der Arbeit nahe beim Kind. „Gerade Kleinkinder brauchen die Nähe ihrer Eltern noch sehr,“ so Runge.

Das Unternehmen Coworking Toddler beschreiben die Teammitglieder als „Dorf, das Familien brauchen, um Kinder großzuziehen“. Als modernes Großstadtdorf, möchte man ergänzen, denn der erste Standort soll in Berlin eröffnen, weitere sind in anderen deutschen Städten geplant. Die 16.000Euro, die kürzlich dank Crowdfunding zusammenkamen, helfen nun dabei, die Idee demnächst in die Tat umzusetzen. Noch in diesem Jahr soll der erste Standort eröffnen, ein Datum kann Runge aber noch nicht nennen, zu oft musste ihr Zeitplan schon nach hinten verschoben werden. „Die größten Stolpersteine“, sagt sie, „sind die Behörden und die Immobilie.“ Erstere sind zwar von Anfang an eingebunden, und man pflege einen „hervorragenden Kontakt, allerdings ist das Konzept so innovativ, dass wir gemeinsam Wege zur Umsetzung ausloten müssen“.

Auch die Suche nach einer geeigneten Immobilie gestalte sich schwierig: Diese muss nicht nur leistbar, sondern mindestens 200 m groß sein, um Büro- und Gemeinschaftsräume sowie Platz für die Kinderbetreuung unterzubringen. Umbaumaßnahmen, um den gesetzlichen Auflagen zu entsprechen, stehen dann ebenfalls noch an.

Viele Anfragen. Das Interesse sei jedenfalls groß: „Wir bekommen fast täglich Mails von Eltern und haben schon eine lange Liste an Interessenten“, sagt Runge. Auch von Erzieherinnen seien schon Bewerbungen eingetroffen, obwohl es noch keinen konkreten Starttermin gibt. Ziel ist es, dass Coworking Toddler eine Förderung durch das Land Berlin bekommt (einen sogenannten Kita-Gutschein vom Jugendamt), wodurch ein Teil der Betreuungskosten öffentlich finanziert wird und die Eltern nur einen Beitrag je nach Höhe ihres Einkommens zahlen müssen (plus die Miete für den Coworking Space). Zehn bis 15 Kinder – vorerst im Kleinkindalter bis etwa drei Jahre – sollen am ersten Standort Platz finden.

Für Runge selbst kommt Coworking Toddler übrigens zu spät: Ihre Kinder sind mittlerweile zu alt dafür.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 30.08.2015)

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