Alpbach und die Flüchtlingskrise

Alpbach
Alpbach(c) Katharina Roßboth
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Das Dorf beherbergt keine Flüchtlinge - aufgrund fehlender Infrastruktur, sagt Bürgermeister Bischofer. Private Initiativen will er nicht behindern.

Die Gemeinde Alpbach mit ihren 2585 Bewohnern wird jeden Sommer zu einem Ort des internationalen Austausches: Für das heurige Forum reisen insgesamt 4500 Teilnehmer aus 86 Nationen an. Flüchtlinge sind in Alpbach hingegen keine zu sehen. Warum eigentlich nicht?
Bürgermeister Markus Bischofer nennt als Grund die fehlende Infrastruktur: „Die Gemeinde selbst hat keine Liegenschaften, auf die sie zugreifen könnte.“ Er verweist auf das Flüchtlingsheim in der Nachbargemeinde Reith im Alpbachtal: 60 Asylwerber leben dort, in Alpbach hätten sie auch schon Gemeindearbeiten übernommen, zuletzt etwa beim Aufbau des Off Space im Hallenbad für das Forum. In Alpbach selbst sei die Aufnahme von Flüchtlingen hingegen kein Thema.

Das Durchgriffsrecht zur Unterbringung von Flüchtlingen, das die Regierung beschlossen hat und das am 23.?September den Nationalrat passieren soll, will Bischofer nicht kommentieren. Tritt es in Kraft, dann kann der Bund auch gegen den Willen von Gemeinden Asylquartiere errichten – auf bundeseigenen Grundstücken oder solchen, die dem Bund etwa von Privaten zur Verfügung gestellt werden. Als Richtwert sind 1,5 Prozent der Bevölkerung vorgesehen. In Alpbach wären das 38 Flüchtlinge – eine verträgliche Zahl?

„Höchstens ein Prozent“

„Mit unserer Infrastruktur, wenn man an die Schulen und den Kindergarten denkt, kommen wir bei 38 Flüchtlingen an die Grenzen“, sagt Bischofer. Er glaubt, dass 20 bis 25 Flüchtlinge bzw. höchstens ein Prozent der Bevölkerung erfolgreich integriert werden könnten – „wenn es Familien sind. Das könnte unter Umständen funktionieren“. Unbegleitete Jugendliche, meint er, würden bei der Bevölkerung weniger gut ankommen.

Wie stehen die Alpbacher selbst dazu? „Da wird Ihnen keiner etwas sagen“, meint eine Unternehmerin. „Vor allem nicht während des Forums.“ Eine andere Bewohnerin ortet eine hohe Abneigung gegen Flüchtlinge im Dorf: „Zwei Drittel der Leute würden sagen: Na, brauch ma net.“ Zu den größten Ängsten der Bewohner zähle, dass die Flüchtlinge hier bleiben „und wir sie durchfüttern müssen“. Zudem fürchte man, dass die Kriminalität steigen könnte. Nachdem in Strass ein Flüchtlingsheim errichtet wurde, so erzählt man sich, hätten sich in Brixlegg die Einbrüche gehäuft.

„Die Sache explodiert, es werden einfach zu viele“, sagt eine Alpbacherin zur „Presse“. Sie selbst könne sich nur vorstellen, Frauen und Kinder aufzunehmen. Aber unter einer Bedingung: „Sie brauchen nicht in die Kirche zu gehen, aber sie müssten sich schon anpassen.“ Als Vorbild nennt sie eine muslimische Familie, die im Dorf lebt und voll integriert sei: „Die leben wie wir, die reden wie wir.“
Hannes Lindner ist Wirt des Gasthauses Postalm und hört, was das Dorf über Asylwerber spricht. „Die allgemeine Meinung ist schon, dass der Flüchtlingsstrom eher zu bremsen ist“, sagt er. Vor allem die älteren Alpbacher hätten Ressentiments gegen Ausländer, da würden auch mal rassistische Äußerungen fallen.

„Es wird viel geschimpft“, sagt die Schuhverkäuferin Sofie Gschösser – und fügt hinzu, dass die lautesten Gegner von Flüchtlingen auch die uninformiertesten seien. „Die Leute haben ihre Meinung von der Kronen Zeitung.“ Sie selbst bringe immer wieder gesammelte Kleider in das Flüchtlingsheim im Nebendorf und habe „nur gute Erfahrungen“ mit den Asylwerbern gemacht.

Vernetzung der Bürgermeister

Am 4.September findet in Alpbach ein Vernetzungstreffen für Bürgermeister statt. Erklärtes Ziel ist es, mehr Gemeinden dafür zu gewinnen, Flüchtlinge aufzunehmen. Auch der von der Regierung eingesetzte Flüchtlingskoordinator Christian Konrad wird daran teilnehmen. Bürgermeister Markus Bischofer, der das Treffen eröffnen wird, sieht es als „wichtigen Schritt“: Jene Gemeinden, die mit Flüchtlingen überfordert sind, könnten dabei von jenen lernen, bei denen die Aufnahme von Asylwerbern gut funktioniert hat.

„Es gibt schon Leute, die niemanden hier haben wollen“, sagt Bischofer. „Fakt ist: Wir haben doch auch eine humanitäre Verpflichtung.“ Würde eine Privatperson in Alpbach Flüchtlingen Unterschlupf bieten wollen, so würde Bischofer dem nicht im Wege stehen, sagt er. Wichtig sei es dann, offen zu kommunizieren: „Ich würde schauen, dass die Nachbarschaft davon in Kenntnis gesetzt wird. Je mehr man der Bevölkerung reinen Wein einschenkt, desto geringer sind die Widerstände.“

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