Deutschland borgt sich weitere Milliarden

Schuldenuhr  des Bundes der Steuerzahler
Schuldenuhr des Bundes der Steuerzahler (c) AP (Miguel Villlagran)
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Steuerausfälle und mehr Arbeitslosen-Geld führen zu einer noch höheren Neuverschuldung von Deutschland als geplant. Die Regierung borgt sich heuer gesamt 47,6 Milliarden Euro, ursprünglich waren 36,9 Milliarden vorgesehen.

In Deutschland pumpt sich der Bund zur Bewältigung der Finanz- und Wirtschaftskrise noch größere Milliardensummen als bisher geplant. Im Reuters vorliegenden Entwurf für einen Nachtragshaushalt rechnet die Regierung für dieses Jahr mit einer Nettokreditaufnahme von 47,6 statt der bisher vorgesehenen 36,9 Milliarden Euro. Hinzu kommen weitere Milliardenschulden für das Konjunkturpaket II und zur Stabilisierung der Banken. Auch für die kommenden Jahre zeichnen sich immer deutlicher riesige Etat-Belastungen ab.

Weniger Steuern, mehr Ausgaben

Die zusätzlichen Schulden im Bundeshaushalt 2009 ergeben sich vor allem wegen der Steuerausfälle und Mehrausgaben für Hartz IV. Außerdem wird dem Gesundheitsfonds ein Darlehen von vier Milliarden Euro gewährt. Ab 2010 entwickelt sich dann die Bundesagentur für Arbeit zum Problem, deren Etat unter der steigenden Arbeitslosigkeit leidet. Die BA rechnet einer Reuters vorliegenden Planung zufolge bis 2013 mit einem Defizit von 55 Milliarden Euro. Der Fehlbetrag soll durch Darlehen aus dem Bundeshaushalt ausgeglichen werden. Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) will erreichen, dass wenigstens dieses Geld von der BA im nächsten Aufschwung an den Bund zurückgezahlt wird.

Rezession "außerordentlich heftig"

Die Regierung will den mittlerweile schon zweiten Nachtragshaushalt für 2009 in der kommenden Woche beschließen. In der Kabinettsvorlage heißt es, sämtliche Wirtschaftsdaten zeigten, dass sich Deutschland in einer "außerordentlich heftigen Rezession befindet". Die Regierung erwartet in diesem Jahr einen Einbruch der deutschen Wirtschaftsleistung um sechs Prozent. Deshalb brechen dem Staat die Steuereinnahmen weg. Gegenüber der bisherigen Schätzung fehlen allein dem Bund 2009 Steuereinnahmen von rund 21,5 Milliarden Euro in den Kassen.

Konjunkturpakete nicht im Haushalt

Im eigentlichen Bundeshaushalt wird nur ein Teil der Schulden erfasst, die der Bund zur Bewältigung der Krise macht. Hinzu kommen 25,2 Milliarden Euro, die der Bund 2009 und 2010 zur Konjunkturstützung ausgibt. Der Betrag ist in den Investitions- und Tilgungsfonds ausgelagert. Darin enthalten sind etwa die Kosten für die verlängerte Abwrackprämie oder das Milliarden-Investitionsprogramm für die Kommunen.

Zudem stehen zur Rekapitalisierung von Banken und zur Absicherung von Ausfällen von Bundesgarantien für Geldinstitute 100 Milliarden Euro zur Verfügung. Nach Reuters-Informationen hat der Bankenrettungsfonds SoFFin davon bereits vorsorglich 40 Milliarden Euro am Kapitalmarkt aufgenommen und bei der Bundesbank zwischengeparkt.

Genaue Neuverschuldung noch unklar

Wie viele Schulden der Bund tatsächlich in diesem Jahr machen wird, ist völlig unklar. Wegen der Unsicherheiten über den Verlauf der Wirtschafts- und Finanzkrise heißt es in der Kabinettsvorlage: "Die genaue Höhe der 'Gesamt-Nettokreditaufnahme' des Jahres ist ex ante nicht bestimmbar." Haushaltsstaatssekretär Werner Gartzer hatte kürzlich einen Betrag von rund 80 Milliarden Euro als möglich bezeichnet. Andere Schätzungen gehen weit über 100 Milliarden Euro hinaus. Der bisherige Rekord lag bei 40 Milliarden Euro.

(Ag.)

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