Für Strache ist es ein perfekter Coup: Stenzel verschafft ihm, wovon er gerne mehr hätte: einen (gut)bürgerlichen Touch.
"Süße Rache" plakatiert Heinz-Christian Strache derzeit in Wien. Damit dürfte er bei Ursula Stenzel einen Nerv getroffen haben. Die Entscheidung von Stenzel für die FPÖ zu kandidieren, zeigt, wie sehr sie es gekränkt haben muss, dass die ÖVP sie - das Zugpferd im Ersten - ins Ausgedinge geschickt hat. Da halfen dann auch alle nachträglichen Versöhnungsangebote der ÖVP (z. B. eine schwarze Doppelspitze auf der Bezirksliste) nichts mehr.
Für Strache ist das ein perfekter Coup. Erstens kann man ihm nichts vorwerfen, denn er macht nur, was Reinhold Lopatka mit dem Team Stronach und Michael Häupl mit Senol Akklilic salonfähig gemacht haben. Und zweitens verschafft Stenzel ihm ein bisschen von dem, wovon er unbedingt gerne mehr hätte: einen (gut)bürgerlichen Touch. Wie formuliert es Stenzel selbst so treffend: "Ich bin ein Symbol dafür, dass die FPÖ wählbar ist und sein muss."
Für Stenzel wiederum bietet die FPÖ ein bequemes Rund-um-Service: Sie muss sich nicht um einen eigenen Wahlkampf kümmern noch ihn finanzieren. Eine eigene Liste last minute ins Leben zu rufen, wäre ziemlich anstrengend gewesen. Und: Sie hat die Chance für Größeres: Mit Platz drei auf der Landesliste hat sie ein sicheres Ticket für den Gemeinderat.
Wie Stenzel Wähler im ersten Bezirk den Wechsel der schwarzen "Grande dame" zur "Lady in Blue" sehen, ist allerdings eine andere Frage: Wenn eine deklariert Bürgerliche zur selbst ernannten Partei der Arbeiter wechselt, wenn eine einst so überzeugte Europäerin zu den Eurokritikern überläuft, dann tun sich nicht nur stilistische, sondern auch inhaltliche Differenzen auf, die sich nicht einfach so überbrücken lassen. Das Mäntelchen der unabhängigen Kandidatin auf der FPÖ-Liste schützt davor nicht.
Wer jetzt einwendet, dass Stenzel ja schon lange mit dem FPÖ-Positionen sympathisiert ("Die ÖVP ist zu liberal" etc.) und auch schon einmal bei FPÖ-Veranstaltungen mit Thilo Sarrazin sitzt, hat zwar recht. Man erinnere sich etwa an ihre Aussagen aus einem "Presse"-Interview vor zwei Jahren: Da war die ÖVP Stenzel zu wenig "outspoken" in Fragen der Familien-und Integrationspolitik und sie zweifelte laut, ob es klug sei, dass die ÖVP bei der Nationalratswahl einen Kandidaten mit Wurzeln im Ausland präsentiert. Allerdings kritisierte sie im selben Interview, die "Dummheit der FPÖ-Politiker, die mit diesen Themen (Anm.: gemeint waren solche mit NS-Vergangenheit-Bezug) zu locker umgehen". Deshalb sei eine "Koalition nicht machbar". Und genau das ist der Punkt: Stenzels Fans schätzten sie als jemanden, der den konservativen Flügel bedient und gegen die eigenen Partei stichelt, aber eben auch als jemanden, der das in in einem "sicheren, bürgerlichen Rahmen" tut.
Ob Stenzel auf der FPÖ-Liste im ersten Bezirk also den ganz großen Erfolg einfährt? Das ist nicht ausgemacht. Bei den Bezirksvertretungswahlen lag die FPÖ 2010 auf Platz vier. Aber das ist ja nun gar nicht mehr so wichtig: Das Rathaus wird Stenzels neue Bühne.