"Stenzel-Diktatur": Wie die FPÖ einst über die Kandidatin sprach

Ein Herz und eine Seele waren sie nicht immer: Stenzel und Strache
Ein Herz und eine Seele waren sie nicht immer: Stenzel und StracheAPA/HERBERT PFARRHOFER
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Sie sei vom "grünen Virus" befallen und sei demokratietechnisch nicht weit von Nordkorea entfernt, attackierte die Bezirks-FPÖ früher die ÖVP-Bezirkschefin. Heute ist freilich alles anders.

FPÖ-Obmann Heinz-Christian Strache war vor der Wiener Landtagswahl voll des Lobes für seine Beute-Kandidatin Ursula Stenzel. Er pries die damalige ÖVP-Bezirksvorsteherin von Wien Innere Stadt als "prononcierte Konservative und progressive Politikerin" sowie als "mehrfachen Gewinn": Sie sei ein klares und deutliches Signal gegen Ausgrenzung sowie eine bürgerliche, wertkonservative und liberale Ansage. Sie sei eine "Ergänzung zur bürgerlichen Revolution im friedlichen Sinn, die wir vorhaben", meinte der FPÖ-Spitzenkandidat.

Doch so klang das nicht immer, wie einige FPÖ-Aussendungen der vergangenen Jahre zeigen. Äußerst resch etwa war die Ausdrucksweise im August 2008: Die "Stenzel-Diktatur" im Bezirk Innere Stadt nehme langsam überhand und könne so nicht weiter geduldet werden, sagte die damalige Bezirsobfrau Jutta Blasek. Was ihren Zorn erregte: "Über die Köpfe der Madatare hinweg, wurde der Bezirksvorsteherin gestern vom Magistrat das Sanierungsmodell der Kärntnerstraße in der Größe 1:1 präsentiert, ohne dass alle Fraktionen rechtzeitig und ausgiebig informiert worden sind."

"Antidemokratische Gesinnung"

Man ahnt es schon, da ist Nordkorea nicht weit, und tatsächlich, einige Monate später meinte die FP-Politikerin: "Bei der gestrigen Sitzung der Bezirksvertretung der Inneren Stadt ließ die ÖVP eine FPÖ-Anfrage zu den umstrittenen Beleuchtungskörpern in der Kärntnerstraße ohne Begründung nicht zu und offenbarte damit antidemokratische Gesinnung", kritisiert FPÖ-Klubobfrau Jutta Brunner-Blasek und meinte, dass es in Pjöngjang auch nicht viel anders zugehe.

Natürlicher Gegner Stenzels waren immer die FPÖ-Chefs im 1. Bezirk, in den vergangenen Jahren also Georg Fürnkranz: Er warf Stenzel, die jetzt gegen Rot-Grün in Stellung gebracht wird, wiederholt sinngemäß grüne Umtriebe vor, zuletzt in der Debatte um das von Stenzel ventilierte Projekt einer "Begegnungszone 1. Bezirk". Bereits Ende 2013 fragte Fürnkranz, damals ging es um eine "FUZO Bäckerstraßenviertel": "Ist ÖVP-Stenzel auch schon vom grünen Auto-raus-Virus befallen?"

Am roten Nasenring

War es zuletzt eine ihr unterstellte Nähe zu den Grünen, so warf ihr die FPÖ via Fürnkranz im März 2012 vor, "seit längerer Zeit eine Marionette der SPÖ zu sein", weil sie die Unterstützung der eigenen Partei verloren habe: "Nun ist sie von den Roten am Nasenring über den Neuen Markt gezerrt worden und mußte ihren eigenen politischen Erfolg, den Garagenbau verhindert zu haben, ins Gegenteil verwandeln". Zudem sei Stenzel, was die Zahlen der bedrohten Parkplätze angehe, der Lüge überführt: "Entgegen den offiziellen Angaben von 164 werden 175 Parkplätze verloren gehen."

Hellsichtig hingegen erweist sich in der Rückschau folgende Meldung von Ende 2012: "Ist Stenzel schon alles wurscht?" fragte Fürnkranz nachdem ihre einstige Stellvertreterin Jessi Lintl zum Team Stronach gewechselt war (das sie, der Vollständigkeit halber sei es erwähnt, im Sommer 2015 ebenfalls verlassen hat): "Bezirksvorsteherin Stenzel dürfte sich von der ÖVP schon ebenso weit entfernt haben wie ihre Stellvertreterin Lintl" .... " Wer weiß, vielleicht wechselt ja Stenzel im nächsten Jahr auch die Seiten und erklärt, dass alles beim alten bleibt - eh wurscht!".

Zarte Avancen an die FPÖ

Apropos Seitenwechsel: Bereits im Jänner 2015 hatte  Stenzel der FPÖ rund um den umstrittenen Akademikerball gewisse Avancen gemacht: "Auch die FPÖ, die diesen Ball prominent unterstützt, ist Teil der legitimen österreichischen Parteien-Landschaft. Sie aus Anlass dieses Balls als rechtsextreme Partei zu brandmarken, ist eine bewusste politische Taktik, die nur Polarisierung zum Ziel hat", meinte Stenzel damals.

(Red.)

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