Auf der Bühne mit Rudi Kaske

EUROP�ISCHES FORUM ALPBACH 2015 / ER�FFNUNG WIRTSCHAFTSGESPR�CHE: KASKE / LEITL
EUROP�ISCHES FORUM ALPBACH 2015 / ER�FFNUNG WIRTSCHAFTSGESPR�CHE: KASKE / LEITL(c) APA/PHILIPP NADERER (PHILIPP NADERER)
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Die traditionellen Wirtschaftsgespräche wurden eröffnet. Und begannen mit einem Traditionsbruch: Arbeiterkammerchef Kaske kritisierte die „Schieflage bei den Vermögen“.

Alpbach. Es ist eine schöne Tradition, das Forum Alpbach. Und manche Dinge haben sich über die Jahre, über die Jahrzehnte auch nicht verändert: etwa die spannenden Diskussionsveranstaltungen oder die abendlichen Empfänge, bei denen es sich herrlich networken lässt.

Und doch ist vieles anders.

Genau genommen hat sich schon mit dem vergangenen Jahr Gravierendes geändert. Da tummelten sich nämlich erstmals, ganz offiziell, SPÖler in dem Tiroler Bergdorf. Was unter vielen Veteranen des konservativ-intellektuellen Gesprächszirkels für unverhohlenes Naserümpfen sorgte.

Aber was soll's. Wer zahlt, schafft an, heißt es ja bekanntlich. Und die Arbeiterkammer ist nun einmal seit dem vergangenen Jahr Sponsor der Alpbacher Wirtschaftsgespräche.

Die diesjährigen Wirtschaftsgespräche wurden gestern, Dienstag, in Alpbach eröffnet. Und dort durfte der neue Geldgeber denn auch gleich seine Akzente setzen. Auf der Bühne stand Arbeiterkammer-Präsident Rudi Kaske.

Neben ihm standen zwar ebenso Nationalbank-Präsident Claus Raidl– in seiner Funktion als Vizepräsident des Forums Alpbach. Auch Christoph Leitl durfte die zahlreichen Gäste aus Wirtschaft und Politik begrüßen, schließlich ist „seine“ Wirtschaftskammer ebenfalls Sponsor.

Klassenkämpferische Töne

Es war aber Kaske, der für einen neuen Ton in Alpbach sorgte – um es zurückhaltend zu formulieren.

Raidl, der sich auf der Bühne die Rolle des Interviewers gegeben hatte, fragte beide Präsidenten: „Wo sehen Sie den Ursprung von Ungleichheit?“ Immerhin ist dies das Thema des heurigen Forums. Kaske antwortete: „Ungleichheit entsteht durch freie und unregulierte Märkte.“ Nachsatz: „Und bei einer Schieflage der Einkommens- und Vermögensverteilung.“ Diese müsse durch staatliche Umverteilung gemildert werden.

Raidl versuchte noch, gegenzusteuern. Etwa, indem er die Frage stellte: „Ist Ungleichheit nicht sinnvoll als Leistungsanreiz?“ Leitl differenzierte: „Jeder Unternehmer will, dass seine Produkte einmalig sind, sich von anderen unterscheiden.“ Einer Ungleichheit, die dazu führe, dass Menschen hungern und über kein Trinkwasser verfügen, müsse natürlich Einhalt geboten werden.

Kaske antwortete so: „Natürlich ist Ungleichheit wichtig für die Leistungsbereitschaft.“ Aber es gehe nicht an, dass Managergehälter das 47-Fache der Median-Einkommen ausmachen würden.

Kritik an Managergehältern

Worauf sich „Moderator“ Raidl in die Diskussion einschaltete: Er habe seinerzeit als Böhler-Chef (ohne Bonus) „13- bis 14-mal soviel wie ein Arbeiter in Kapfenberg“ verdient. Was Kaske ein breites Grinsen entlockte.

Für die soziale Marktwirtschaft fand Kaske lobende Worte. Österreich werde „vielfach darum beneidet, was den Lebensstandard betrifft“. Er orte allerdings eine Armutsgefährdung in Österreich und wies darauf hin, dass das Land Schlusslicht bei vermögensbezogenen Steuern sei.

Die Botschaft ist angekommen. Leitl bezeichnete das postwendend als „gefährliche Drohung“ – und erntete Applaus von den rund 500Gästen. Es könne nicht sein, hat er nachgesetzt, dass bei Reformen nichts weitergehe, schon aber wieder überlegt werde, wie an der Steuerschraube gedreht werden könne.

Die nächsten Tage werden spannend.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.09.2015)

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