Der Däne Thorkil Sonne will mit „Specialisterne“ für eine Million Autisten Jobs finden. Was Unternehmen von ihm lernen können.
Dustin Hoffman spielte ihn perfekt: In „Rain Man“ ist der US-Schauspieler Raymond, ein an einem Savant-Syndrom leidender Autist, der von seinem Bruder Charlie (Tom Cruise) aus einer Klinik auf eine Reise durch die USA mitgenommen wird. Raymond spricht zwar kaum und entspricht auch in anderer Hinsicht nicht dem gängigen Bild eines umgänglichen Menschen. Aber er besitzt ganz spezielle und herausragende Fähigkeiten, die ihn über seine Mitmenschen weit hinausheben.
Der Däne Thorkil Sonne weiß das aus sehr genau, ist doch sein Sohn Autist. Daher hat Sonne auch erfahren, was es heißt, mit einer solchen Behinderung nicht nur zu leben – sondern auch einen Arbeitsplatz zu finden. Er hat sich nicht damit abgefunden, dass Behinderte „wie ein Löwenzahn in einem gepflegten Garten“ gesehen werden, nämlich als Störfaktor. Er hat die Stiftung „Spezialisterne“ gegründet.
80 Prozent sind arbeitslos
Natürlich geht es Sonne nicht um einen Job für seinen Sohn allein – „meine Vision ist, bis zum Jahr 2025 eine Million Jobs für Autisten zu schaffen“, sagte Sonne bei einer Diskussion am Dienstagabend bei den Alpbacher Wirtschaftsgesprächen, bei der es um „Eine Frage der Perspektive – Lösungsansätze im Kampf gegen Ungleichheit“ ging. Immerhin – ein Prozent der Weltbevölkerung leidet unter diesem Syndrom – in Österreich rund 80.000 Menschen. 80 Prozent sind arbeitslos.
Wie gehen Unternehmen mit der Integration von Behinderten generell um? Wie ernst nehmen sie den Kampf gegen die Ausgrenzung? Die Antwort lautet sehr – wenn man den vielen Beispielen folgt, die die Chefs von ÖBB, Bank Austria und T-Mobile Austria, Christian Kern, Willibald Cernko und Andreas Bierwirth aus ihrer Unternehmenspraxis parat hatten. Und dabei klammerten sie die aktuellen Hilfsaktionen für Flüchtlinge bewusst aus.
„Die Gesellschaft entwickelt sich und stellt uns vor neue Herausforderungen. Dazu gehört auch, Menschen mit Behinderung, unterschiedlicher Herkunft, sexueller Orientierung bis hin zum Alter offen zu begegnen und diese Vielfalt als Bereicherung zu sehen,“ sagte Cernko.
Firmen machten diese Dinge aber keineswegs aus reinem Altruismus, blieb Kern pragmatisch. Egal, ob es um die Einstellung von Behinderten hierzulande oder Aktionen in Afrika gehe, um etwa Randgruppen Zugang zu Kommunikationsmedien zu geben: „Das muss ein Geschäft sein, wenn es zudem human ist – noch besser“, so Kern.
Allerdings dürfe man die Bekämpfung von Ungleichheit und Ausgrenzung nicht allein den Unternehmen überlassen. „Unternehmen können nicht die Politik ersetzen“, waren sich die Manager einig. Und schon gar nicht können Firmen das Bildungssystem reformieren. „Aber sie können der Politik zeigen, was passiert, wenn Chancen genommen werden“, betonte Bierwirth.
Gerade im Bildungssystem sei auch in der höchste Ebene an den Universitäten noch vieles zu tun, betonte Gender-Spezialistin Edeltraud Hannapi-Egger, die ab Oktober WU-Rektorin ist. Wobei es nicht nur um entsprechende Forschungseinrichtungen gehe, die der Gesellschaft Wissen zur Verfügung stellen, sondern auch „um die soziale Durchmischung an den Unis“. Keine Frage – auch das ambitionierteste Unternehmen müsse im Alltag Abstriche machen, indem etwa bei der Rekrutierung von Mitarbeitern Behinderte ins Hintertreffen gerieten, war Cernko realistisch. „Aber wir müssen das Thema ständig im Auge behalten und darüber sprechen, bis das Bewusstsein bei allen Mitarbeitern angekommen ist.“
Sonne hat dafür bereits den richtige Zugang gefunden: „Wir müssen aus den Schwächen dieser Menschen Stärken machen.“