"Ausschüttungsschwindel": Pensionist gewinnt gegen Raiffeisen

File photo of the logo of Raiffeisen bank as seen through raindrops at a branch office in Vienna
File photo of the logo of Raiffeisen bank as seen through raindrops at a branch office in ViennaREUTERS
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Das erste rechtskräftige Urteil in Sachen Hollandfonds liegt vor: Der Kunde sei nicht über alle Risiken aufgeklärt worden.

Mit geschlossenen Fonds wie Schiffsfonds oder Hollandfonds - diese investierten in Immobilien in den Niederlanden - haben zigtausende Privatanleger Geld verloren. Nun liegt das erste rechtskräftige Urteil gegen Raiffeisen vor. Eine Raiffeisenbank aus Niederösterreich muss einem Pensionisten, der in einen Hollandfonds des deutschen Emissionshauses MPC investiert hat, sein Geld zurückzahlen. Der Mann wurde nicht über die alle Risiken aufgeklärt - insbesondere nicht über den "Ausschüttungsschwindel", wie es sein Anwalt nennt.

Zehntausende Betroffen

Die meist von deutschen Anbietern aufgelegten Produkte wurden vor der Finanzkrise in großem Stil von heimischen Banken vertrieben. Allein in Kühl- und Containerschiffe oder Tanker haben zwischen 2004 und 2008 geschätzte 10.000 österreichische Kleinanleger rund 700 Millionen Euro via Fonds investiert. Mit der Finanzkrise kamen aber die Schiffs- und die Immobilienbranche ins Taumeln, zahlreiche Fonds mussten Insolvenz anmelden.

Das aus Kundensicht Problematische an geschlossenen Schiffs- oder Hollandfonds ist, dass die Anleger technisch gesehen Kommanditisten einer Publikums-KG wurden. Daher waren die erfolgten Auszahlungen keine Zinsen, sondern Rückzahlungen des Eigenkapitals. Das ausgeschüttete Geld kann von der Gesellschaft beziehungsweise spätestens vom Masseverwalter im Pleitefall zurückgefordert werden.

Rückforderungsschreiben überraschten Kunden

Derlei Rückforderungsschreiben flatterten zahlreichen Kleinanlegern ins Haus. Ihnen war oft nicht bewusst, dass das passieren kann. Viele Betroffene zogen vor Gericht. Da wird nun darüber gestritten, ob die Banken ihre Kunden ausreichend über die Risiken der geschlossenen Fonds aufgeklärt haben. Neben der Rückforderbarkeit der Einlagen geht es auch um die Frage, ob die hohen "Weichkosten" respektive Provisionszahlungen verschwiegen wurden.

Einige Urteile gegen Banken gibt es in der Sache schon. Gegen Raiffeisen - beklagt war die Raiffeisenbank im Weinviertel, es ging um 44.722 Euro - hat nun das Landesgericht Korneuburg entschieden: Ein Anleger wurde nicht über "wesentliche" Risikofaktoren des "Achtundsechzigsten Sachwert Rendite-Fonds Holland GmbH KG" von MPC aufgeklärt. Hätte er darüber Bescheid gewusst, dass er sein gesamtes Investment verlieren kann, hätte er das Produkt nicht gekauft.

"Durch die Beratung war das Totalverlustrisiko so dargestellt worden, dass er nach 10 Jahren den prognostizierten Betrag, offensichtlich 50.000 Euro, nicht mehr erhalten könnte, dieser 'worst case' aber gering und gleichsam nicht realistisch sei, 'weil die Immobilien ja immer noch vorhanden seien', noch dazu wäre dieser 'worst case' durch die Liquiditätsausschüttungen, die er sich behalten hätte dürfen, abgemindert", befand das Gericht.

Aus den Medien informiert

Dass die Ausschüttungen wegen der Kommanditistenhaftung rückforderbar sind, erfuhr der Kläger erst, als er 2013 in Medien über die schlechte Lage der Immobilienfonds las und sich an seinen Anwalt wandte.

Die beklagte Raiffeisenbank ist ihren Aufklärungspflichten laut Gericht nicht nachgekommen. Das Finanzinstitut hat gegen das Urteil keine Berufung eingelegt, wie der Anwalt des Anlegers, Max Leitner, der APA sagte. Die Bank habe seinem Mandanten das Geld bereits überwiesen. Leitner vertritt ein paar Dutzend Schiffs- und Hollandfonds-Geschädigte und hat schon mehrere Urteile erwirkt.

(APA)

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