Banken geben die Minus-Zinsen für Fremdwährungskredite nicht an die Kunden weiter. Müssen sie? In der Causa gibt es jetzt ein erstes Urteil.
Müssen Banken Negativzinsen an ihre Fremdwährungskreditnehmer weitergeben? In dieser umstrittenen Causa hat es jetzt ein erstes Urteil am Landesgericht Feldkirch gegeben. Und dieses hat zugunsten des Vereins für Konsumenteninformation (VKI) entschieden: Das Gericht betrachtete eine einseitig festgesetzte Zinsuntergrenze der Raiffeissenkasse Bodensee als unzulässig. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.
Worum es geht: Bei Fremdwährungskrediten wurde die variable Zinsanpassung in der Vergangenheit meist an den Referenzzinssatz Libor gebunden. Auf den jeweiligen Wert wurde dann eine Marge vereinbart. Der Sollzinssatz des Kredites setzte sich also aus Libor plus Marge zusammen. In den vergangenen Monaten sank der Indikator aber überraschend unter Null.
Klage im Auftrag des Sozialministeriums
Die Folge: Wenn Negativ-Libor plus Marge unter Null zu liegen kämen, müsste die Bank den Kreditnehmern Zinsen zahlen ("Negativzinsen"), statt von den Kreditnehmern Zinsen zu bekommen. Das haben nahezu alle betroffenen Kreditinstitute versucht auszuschließen. So auch die Raiffeisenbank Bodensee. Dagegen haben die Konsumentenschützer im Auftrag des Sozialministeriums geklagt.
"In den letzten Wochen haben die Turbulenzen an den Geld- und Kapitalmärkten überhand genommen", teilte die Vorarlberger Bank ihren Kunden mit Franken-Krediten im Februar in einem Brief mit. Daher würde man nun "nur den Zinsaufschlag in Höhe von 1,375 Prozent als Mindestzinssatz" zu verrechnen, "solange der Wert des Indikators zum Zinszahlungstermin unter null Prozent" liege. Der Mindestzinssatz würde zur Deckung diverser Kosten benötigt.
Im Schreiben stand außerdem, die Bank geht von einer einvernehmlichen Vertragsänderung aus, solange vom Kunden keine Einwände erhoben würden.
"Unzulässiges" Schreiben
Das Landesgericht Feldkirch bezeichnete sowohl den Inhalt als auch die Form des Schreibens als "gesetzeswidrig" und "unzulässig". Die Einführung einer Zinsuntergrenze ohne gleichzeitige Obergrenze verstoße gegen das Gebot der Zweiseitigkeit des Konsumentenschutzgesetzes. Dem widerspreche auch nicht, dass der Oberste Gerichtshof (OGH) Null- oder Negativzinsen bei einem Sparbuch ausgeschlossen habe, hieß es in der Urteilsbegründung.
Das Schreiben vermittle dem Verbraucher zudem "ein unklares und unzutreffendes Bild seiner vertraglichen Position". Die Kunden würden nicht darauf hingewiesen, dass die Zinsänderung höher ist, als die der vereinbarten Zinsanpassungsklausel. Raiffeisen nehme eine einseitige Vertragsänderung vor, stellte das Gericht fest.
Warten auf OGH-Urteil
Der VKI verspricht sich von dem Urteil viel. Die Rechtsprechung sei damit der Argumentation des VKI gefolgt, teilte der Leiter des Rechtsbereichs im VKI, Peter Kolba, in einer Aussendung mit. Betroffenen Kreditnehmern empfahl die Konsumentenschutzorganisation, entsprechenden Schreiben ihrer Bank ausdrücklich zu widersprechen. Im übrigen bleibe abzuwarten, wie der OGH in dieser Rechtsfrage entscheide. Sollte auch er dem VKI recht geben, müssten Banken zwischenzeitlich angefallene Negativzinsen zurückzahlen oder dem Kunden gutschreiben, betonte Kolba.
>>> VKI-Information zu Negativzinsen
(APA/Red.)