Schulbeginn für Flüchtlingskinder

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5000 schulpflichtige Flüchtlinge sollen heuer Österreichs Schulen besuchen. Die Zahl könnte noch steigen. Auch die Kindergärten erwarten einen Zulauf.

Wien. In ihrer Heimat ist ein Schulbesuch unmöglich, in Österreich ist er hingegen Pflicht: Zu Schulbeginn am Montag (im Westen eine Woche später) werden auch viele Flüchtlingskinder in den Schulen Platz nehmen.

1 Wie viele Flüchtlingskinder werden in Österreichs Schulen erwartet?

Genau weiß das eigentlich niemand. Das Bildungsministerium rechnet für das gesamte Jahr 2015 mit rund 5000 schulpflichtigen Flüchtlingen. 4000 davon saßen schon vor den Sommerferien in einer österreichischen Schule. Zwischen Schulbeginn und Jahresende sollen demnach nur 1000 Flüchtlingskinder dazustoßen. Platzprobleme dürfte es also keine geben. Denn 5000 Flüchtlinge entsprechen gerade einmal dem jährlichen demografischen Schülerrückgang und machen in Relation zur Gesamtschülerzahl nur 0,7Prozent aus. Statistisch würde bei 28.000 Pflichtschulklassen nur in jeder sechsten ein Flüchtlingskind Platz nehmen.

2 Ist wirklich nicht mit mehr schulpflichtigen Flüchtlingen zu rechnen?

Ob unter den prognostizierten 80.000 Asylwerbern für 2015 tatsächlich nur 5000 Schulpflichtige sein werden, ist schwer zu sagen. Selbst der Status quo – also wie viele Schulpflichtige im Land sind – ist nicht bekannt. Das Innenministerium erhebt das nicht. Dort weiß man nur, dass von den 50.000 in Grundversorgung befindlichen Personen mehr als 9000 unter 18 Jahren sind. Rückschlüsse lassen sich daraus aber nur bedingt ziehen. Denn ein Teil der unter 18-Jährigen wird noch nicht und ein Teil nicht mehr schulpflichtig sein. Das Bildungsministerium räumt jedenfalls bereits ein, dass die ausgegebene Schülerzahl angesichts der Unvorhersehbarkeit des Flüchtlingsstroms noch steigen könnte.

3 Wann beginnt die Schulpflicht für Flüchtlinge? Und müssen sie den Kindergarten besuchen?

Für alle in Österreich lebenden Kinder im schulpflichtigen Alter besteht Schulpflicht – also auch für Kinder von Asylwerbern und für Kinder, deren aufenthaltsrechtlicher Status (noch) nicht geklärt ist. Theoretisch sollten Flüchtlingskinder sofort die Schule besuchen. Im Erstaufnahmezentrum Traiskirchen gibt es dafür sogenannte Brückenklassen, und in den einzelnen Gemeinden müssen sich die Pflichtschulen darum kümmern (einzig Gymnasien sind nicht dazu verpflichtet, Flüchtlinge aufzunehmen). In der Praxis werden Flüchtlinge erst dann in die Schule geschickt, wenn es mit Blick auf die psychische Verfassung für richtig erachtet wird. Übrigens sind Flüchtlinge nicht nur schul-, sondern auch kindergartenpflichtig. Laut Familienministerium müssen Fünfjährige, sobald sie einen Aufenthaltstitel haben, in den Kindergarten geschickt werden.

4 Wie verteilen sich die Flüchtlingskinder auf die einzelnen Bundesländer?

Niederösterreich erwartet mit 894 Kindern zu Schulbeginn die meisten Flüchtlinge. In Oberösterreich sind es 750, in der Steiermark 600, in Salzburg 440, in Tirol 400, in Wien 350, in Kärnten 267 und im Burgenland 104 (Vorarlbergs Zahlen fehlen). Wie sich die Flüchtlinge auf die einzelnen Schulen verteilen, ist häufig noch unklar. Aufgrund der Verlegung von Flüchtlingen in andere Quartiere wird es wohl auch unter dem Schuljahr zu einer hohen Fluktuation kommen.

5 Wie werden Flüchtlingskinder unterrichtet? Und wer bezahlt die zusätzlichen Lehrer?

Wien wird Flüchtlinge in Neu-in-Wien-Kurse (der Stadtschulrat will es nicht Klassen nennen) schicken. Maximal ein Jahr lang erhalten Flüchtlinge an bis zu fünf Tagen die Woche Deutschförderung. In Salzburg wird es Willkommensklassen geben. Dabei wechseln die Flüchtlinge zwischen ihrer Sprachklasse und dem regulären Unterricht. In den meisten anderen Ländern dürfen die Schulen flexibel – je nach Anzahl der Flüchtlinge – entscheiden, ob sie eigene Klassen eröffnen. Zusätzliche Lehrer braucht es dafür mit Sicherheit. Die Landesschulräte wollen auch Studenten und Pensionisten einsetzen. Die Finanzierung ist aber noch offen. Die Bildungsministerin bezeichnet diese als „nicht vordergründig“.

(c) Die Presse

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.09.2015)

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