OMV rückt mit Gazprom zusammen

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Der Energiekonzern will nicht nur bei der Pipeline Nord Stream mitmachen, sondern auch Anteile an einem sibirischen Gasfeld. Gazprom soll dafür OMV-Assets in Europa erhalten.

Wien. Eine erste Absichtserklärung gab es bereits im Juni. Und auch bei der Präsentation der Halbjahresergebnisse Mitte August machte der neue OMV-Chef Rainer Seele keinen Hehl daraus, dass er die Strategie des heimischen Energiekonzern nach Jahren der „Diversifizierung von Russland“ wieder stärker an Moskau und vor allem den russischen Gasmonopolisten Gazprom binden möchte. Am Freitag wurden in Wladiwostok dann zwei Abkommen unterzeichnet. Einerseits wird sich die OMV wie erwartet am Bau der zweiten Ausbaustufe der Pipeline Nord Stream beteiligen. Wesentlich interessanter ist jedoch das zweite Abkommen. Demnach erhält die OMV eine Minderheitsbeteiligung an einem riesigen Gasfeld im westsibirischen Urengoi – im Tausch gegen Assets der OMV in Europa. Was bedeutet das konkret? „Die Presse“ hat die Antworten:

1Wird die russische Gazprom nun Teilhaberin der OMV?

Nein. Eine direkte Beteiligung der Gazprom an der OMV wurde und wird ausgeschlossen. Die Gazprom kann natürlich jederzeit über die Börse Aktien zukaufen, es wird aber keine Kapitalerhöhung geben, bei der neue Anteile an die Russen gehen.

2Welche Vermögenswerte könnte die OMV zum Tausch anbieten?

Noch schweigen beide Konzerne darüber: Ein Thema sind aber sicher das Gashandels- und Gasspeichergeschäft. So wie gestern die deutsche BASF ihre deutschen Gasspeicher und auch ihre Anteile am österreichischen Speicher Haidach (an dem Gazprom nun die Mehrheit hält) an Gazprom übergeben hat, könnte die OMV Anteile an den niederösterreichischen Speichern (bei Baumgarten) an die Russen abtreten. Die OMV würde damit nicht viel verlieren, weil das Geschäft ohnehin weniger lukrativ sei als früher und Baumgarten in gewöhnlichen Wintern nur zu rund 80 Prozent gefüllt sei, erklärt E-Control-Vorstand Walter Boltz. Sollte Gazprom tatsächlich ab 2019 den Transit durch die Ukraine einstellen und die Lieferungen nur noch über Nord Stream vornehmen, wären zumindest in der Übergangszeit gespeicherte Vorräte in Europa ein wichtiges Signal seitens der Russen, dass die Versorgung gesichert sei. Immer von Interesse für Gazprom ist der Zugang zum Endkunden. Vielleicht erhält Gazprom daher Anteile an der Vertriebsgesellschaft Econgas, zumal die Anteilseigner EVN und Wien Energie ohnehin schon aussteigen wollten. Ebenfalls zur Diskussion stehen Anteile an OMV-Raffinerien.

3Was erhält die OMV im Gegenzug von der Gazprom?

Gazprom bietet der OMV 24,98 Prozent von zwei Produktionsblöcken der sogenannten Achimov-Formation. Das gesamte Feld gilt als eines der größten der Welt, die Reserven werden auf mehr als eine Billion Kubikmeter Gas geschätzt. Das entspricht dem Verbrauch Österreichs von mehr als 100 Jahren. OMV-Vorstand Manfred Leitner meinte jüngst, die Produktion könnte mehr als 40.000 Fass Öläquivalent entsprechen – knapp 15 Prozent der derzeitigen Gesamtproduktion des Konzerns.

4Haben andere Konzerne schon Assets mit Gazprom getauscht?

In der Vergangenheit haben die deutschen Konzerne Eon und Wintershall bereits einige Male Assets mit der Gazprom getauscht. Das im Vorjahr vor dem Hintergrund der sanktionsbedingten Unsicherheiten gestoppte Tauschgeschäft zwischen der Wintershall-Mutter BASF und Gazprom wurde gestern abgesegnet. Gerade Ex-Wintershall-Chef Rainer Seele hat daher ausreichend Erfahrung mit solchen Geschäften, zumal er lange Chef von Wingas, der deutschen Erdgashandelstochter von Wintershall und Gazprom war. Die deutschen Behörden stellen sich nicht gegen die Gazprom-Beteiligungen, da die Erdgasspeicher ja deutschem Recht unterliegen. Dies wäre bei einem Einstieg der Gazprom in heimische Speicher auch Voraussetzung.

5Wird nun der EU-Plan, Gasimporte zu diversifizieren, hintertrieben?

„De facto ja“, sagt Boltz. Das Zögern der EU, was den Bau einer alternativen Balkanroute betrifft, habe ein Vakuum geschaffen, das nun die Privatkonzerne für ihre Geschäftsvorhaben mit Gazprom nutzen. Dennoch: Auch die Nord-Stream 2 befinde sich erst in einer sehr frühen Phase. Für die Realisierung fehlen sowohl konkrete Projekt- und Kostenpläne, außerdem die Bankenfinanzierung und vor allem die Frage, wie das Gas, das nach dem Weg durch die Ostsee in Deutschland landet, weitertransportiert wird. Hier wird die EU wieder zu Wort kommen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.09.2015)

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