Kind manipuliert: Mutter verliert Sorgerecht

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Weil sie mit dem Kind ins Ausland zog und dafür sorgte, dass der Sohn keinen Kontakt zum Vater will, wird einer Mutter die Obsorge entzogen. Der Vater, der das Kind lang nicht sehen konnte, erhält das alleinige Sorgerecht.

Wien. Beugestrafen konnten sie nicht dazu bringen, vor Gericht aufzutauchen. Die Abnahme des Reisepasses nicht verhindern, dass sie mit dem Sohn ein zweites Mal heimlich ins Ausland verzog. Damit hatte es eine Mutter aber zu weit getrieben, wie ein aktuelles Urteil des Obersten Gerichtshofs (OGH) zu einem Sorgerechtsstreit zeigt. Die Mutter verliert das Sorgerecht, das künftig allein dem Vater zukommt. Wobei dieser das Kind schon länger nicht mehr gesehen hat. Und der Sohn – unter dem Einfluss der Mutter – den Vater fürs Erste nun gar nicht sehen will.

Eigentlich war nach der Trennung der Eltern eine gemeinsame Obsorge vereinbart worden. Zusätzlich wurde ausgemacht, dass das Kind sich hauptsächlich bei der Mutter aufhält. Die Mutter sorgte aber dafür, dass der Vater das Kind seit Frühjahr 2013 nicht mehr zu sehen bekam.

Sie zog mit dem Kind zudem nach Finnland, gegen den ausdrücklichen Willen des Vaters. Dieser beantragte nun das alleinige Sorgerecht für sich. Das Kind lehne aber von sich aus den Kontakt zum Vater ab, hat die Mutter gesagt und dem Gericht einen Brief des Sohns übersandt, der das belegen sollte. Zudem konsumiere der Vater pornografisches Material, hat die Mutter behauptet, weswegen er das Kind nachhaltig schädigen könne. Vor Gericht selbst erschien die Mutter nicht.

„Bindungsintoleranz“

Das Bezirksgericht Klosterneuburg übertrug das alleinige Sorgerecht dem Vater. Die Sachverständige habe in einem Gutachten festgehalten, dass das Kindeswohl wegen einer Bindungsintoleranz der Mutter gefährdet sei und diese das Recht negiere. Die Mutter war bereits einmal nach Finnland gezogen, das Kind daraufhin der Schulpflicht nicht mehr nachgekommen. Der Vater beantragte eine Rückführung des Kindes, nach einer Entscheidung finnischer Behörden kam die Mutter mit dem Kind wieder nach Wien. Sie enthielt den Nachwuchs aber weiterhin dem Vater vor. Und ging später wieder samt Sohn nach Finnland.

Das Landesgericht Korneuburg bestätigte das Urteil des Bezirksgerichts. Den Einwänden der Mutter (sie erklärte, nur wegen einer schweren Erkrankung zu ihrer Mutter nach Finnland gereist zu sein) wurde kein Glaube geschenkt.

Der OGH sah das ähnlich. Die Mutter habe sich am Verfahren trotz Strafen nicht beteiligt und das Kind zweimal während des Schuljahrs für mehrere Monate ins Ausland verbracht. Die Mutter wandte aber noch ein, der Vater habe „seine Obsorgerechte aufgegeben“. Denn er hatte zugestimmt, dass das Kind wegen der massiven psychischen Belastung vorläufig von der Jugendwohlfahrt in einem Krisenzentrum untergebracht wurde.

Gerade diese Zustimmung aber zeuge „ganz im Gegenteil vom Verantwortungsbewusstsein des Vaters, dem offensichtlich am Kindeswohl gelegen ist“, meint der OGH (3 Ob 110/15w) . Die Mutter hingegen habe „nicht einmal davor zurückschreckt, das Kind massiv zu manipulieren, sodass es derzeit jeglichen Kontakt zum Vater, zu dem es bis zur Unterbindung der Kontakte durch die Mutter eine enge und vertrauensvolle Beziehung hatte, vehement ablehnt.“ Der Vater bekommt nun das alleinige Sorgerecht.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.09.2015)

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