Heinrich Schönmann: Ich war nie ein Ehrgeizler"

Heinrich Schönmann
Heinrich Schönmann(c) Michaela Bruckberger
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Seit 34 Jahren ist Heinrich Schönmann beamteter Käferforscher. Aus Titeln und Auszeichnungen hat er sich noch nie etwas gemacht.

Das Leben des Heinrich Schönmann scheint in Episoden abzulaufen. Episoden, die Schönmann gerne vorträgt. Mit verteilten Rollen, die alle er selbst spielt. Manche der Geschichten handeln von seinem Urgroßvater, der am Bau des Naturhistorischen Museums beteiligt war; manche von seinem Vater, der die Käfersammlung eingerichtet hat und vor ihm hier Kurator war; manche von seiner Tochter, die im Schweizer Emmental wenige Gehminuten von einem Genfer Käfersammler wohnt, den Schönmann seit 20 Jahren kennt. Und manche Geschichten, die handeln von seiner Auszeichnung.

So wie jene von der Einladung zur feierlichen Promotion, als er im Frühjahr 1977 gerade seinen Grundwehrdienst leistete und sich beim Spieß abmelden musste. „Gefreiter Schönmann meldet sich zum Rapport.“ – „Was haben Sie?“ – „Ich bin eingeladen vom Bundespräsidenten zu einer Festveranstaltung.“ Da habe er gewusst, „da muss er mich hin lassen, und wenn er jetzt Kopf steht“, sagt Schönmann und lacht. An die Zeremonie, vor allem an das Gespräch mit Bundespräsident Rudolf Kirchschläger, erinnert sich der 60-Jährige bis heute. „Es war schön zu sehen, dass sogar der oberste Kommandant Hochachtung vor mir hat.“

Der Zumpferlforscher. In seiner Dissertation widmete sich Schönmann einer Funktionsmorphologie der Mundwerkzeuge von Eintagsfliegenlarven. Sein Forschungsobjekt hat er mittlerweile gewechselt. Und den Körperteil auch. Schönmann ist Zumpferlforscher, wie er und seine Kollegen in Fachkreisen heißen. Denn klassifiziert werden die Käfer, an denen Schönmann seit 34 Jahren arbeitet, am besten anhand der männlichen Kopulationsapparate.

Seine Promotion sub auspiciis war für diesen Job nicht nötig, das ist ihm klar. Aber: „Die Arbeit macht Spaß, ich wollte nie was anderes machen.“ Ein „Ehrgeizler“ sei er nicht, vielleicht ein bisschen ein Streber, aber „nur bis zur sechsten Klasse, dann bin ich lockerer geworden“. Darum sei er heute „auch nicht Über-Drüber-Professor, sondern sitze noch immer da“, sagt er und blickt auf sein Reich, das etwas muffige Käferarchiv (für Schönmann eine „authentische Datenbank der Biodiversität“) im zweiten Stock des Museums.


Hofrat? Mit zwei Kollegen begutachtet Schönmann neue Käfer, liest Publikationen und betreut Studenten. Von seiner Auszeichnung weiß hier niemand, auch nicht im Bekanntenkreis. Und zwar ganz bewusst. Ein früherer Kollege habe zufällig von der Promotion erfahren und ihn vor Besuchern immer damit geärgert („Das ist der Schönmann, der hat sub auspiciis.“ – „Verschwind', das interessiert keinen.“) Das sei ihm eine Lehre gewesen. „Wer mich mag, kommt auch so dahinter, was ich kann und was nicht. Da brauch ich nicht ständig zu sagen: Ich bin der Schönste, Größte, Tollste.“ Auch auf Titel gibt der Hofrat wenig: „Hofrat? Ja, ja, der Hof wird gerade renoviert“, sagt er und zeigt aus dem Fenster auf den Maria-Theresien-Platz zwischen Natur-und Kunsthistorischem Museum.

Warum Schönmann überhaupt sub auspiciis promoviert hat? Auch dazu gibt es (natürlich) eine Geschichte. Es war die Idee seiner Professorin. „Schönmann, wie waren Sie in der Schule?“ – „Sehr fleißig.“ – „Schönmann, Sie müssen sub auspiciis promovieren.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.05.2009)

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