Flüchtlingskrise: Ungarns Verteidigungsminister tritt zurück

Migrants wait for buses in a makeshift camp at a collection point in the village of Roszke
Migrants wait for buses in a makeshift camp at a collection point in the village of Roszke(c) REUTERS (LASZLO BALOGH)
  • Drucken

Nachdem das Kabinett über die Flüchtlingssituation beraten hat, ist Csaba Hende überraschend zurückgetreten. Zudem sind aus dem ungarischem Lager Röszke rund 300 Flüchtlinge geflohen.

Inmitten der Flüchtlingskrise ist der ungarische Verteidigungsminister Csaba Hende am Montag überraschend zurückgetreten. Der Schritt erfolgte nach einem Treffen des nationalen Sicherheitsrates, bei dem die steigende Zahl der Flüchtlinge diskutiert worden war. Regierungschef Viktor Orban nahm das Rücktrittsgesuch Hendes an, berichtete die ungarische Nachrichtenagentur MTI.

Csaba Hende
Csaba Hende(c) EPA (SZILARD KOSZTICSAK)

Demnach fragte Orban den derzeitigen Staatssekretär Istvan Simicsko, die Agenden Hendes zu übernehmen. Ungarische Medien brachten den Rücktritt mit dem vom ungarischen Militär errichteten Grenzzaun in Zusammenhang. Am Wochenende überquerten knapp 16.000 Flüchtlinge die ungarisch-österreichische Grenze, ein Großteil davon reiste nach Deutschland weiter.

Zudem sind aus dem Flüchtlingslager Röske an der ungarisch-serbischen Grenze am Montagabend rund 300 Flüchtlinge geflohen. Zunächst berichtete Hir.TV von 500 geflüchteten Asylwerbern, diese Zahl wurde danach auf 300 korrigiert. Die Migranten waren demnach zu Fuß auf der Autobahn M5 Richtung Budapest unterwegs, wurden aber offenbar bald von einer Polizeieskorte aufgehalten.

Bereits am Vormittag hatten rund 300 Migranten versucht, sich der Registrierung zu entziehen. Nach deren Aussage wollen sie nach Deutschland und nicht warten, bis ihnen im nahen Auffanglager in Röszke Fingerabdrücke genommen werden.

Gruppe skandiert "Freedom" 

Der Polizei gelang es offenbar doch nicht, die Flüchtlinge zu stoppen. Laut ungarischer Nachrichtenagentur MTI seien es Hunderte Flüchtlinge, die auf der Gegenfahrbahn der Autobahn M5 in Richtung Budapest marschierten. "Freedom" skandierte die Gruppe, in der sich auch viele Familien mit Kleinkindern befinden.

Die Fahrbahn der M5 wurde für den Verkehr gesperrt. Laut MTI wandte die Polizei keinerlei Gewalt an, um die Migranten aufzuhalten. Die Nachrichtenagentur Reuters berichtete hingegen über den Einsatz von Pfefferspray gegen die Flüchtlinge.

Angst vor Lagern

Die Flüchtlinge lassen sich von der Polizei nicht aufhalten, berichtete der Sender Hir.TV. Eine Schwangere soll zusammengebrochen sein, sie wurde in ein Spital gebracht. Alle Versuche der Polizei, die bereits Marschierenden zur Rückkehr zu bewegen, schlugen fehl.

Laut Hir.TV wüssten viele der Migranten über das notwendige Verfahren der Registrierung in der EU nicht Bescheid. Sie hätten Angst davor, in ein Lager eingesperrt zu werden. Beteuerungen der Polizei wurde laut dem Fernsehsender kein Glauben geschenkt. Die Flüchtlinge sollen ihre Hoffnung geäußert haben, mit Bussen abgeholt und nach Österreich gebracht zu werden - wie das bereits in der Nacht auf Samstag mit den Flüchtlingen vom Budapester Ostbahnhof geschehen war. Ein Großteil der Migranten will nach Deutschland.

Noch vor ihrer Flucht hatten die Flüchtlinge den langsamen Prozess der Registrierung in Ungarn kritisiert. Hunderte hatten deswegen die Nacht auf Montag im Freien verbringen müssen.

Orban war an der Südgrenze

Ungarns Premier besuchte indes am Montag die Südgrenze des Landes nahe Morahalom, wo er mit den Soldaten, die die Grenzsperre errichten, sowie Polizisten sprach. Über einen etwaigen Besuch Orbans in Röszke war zunächst nichts bekannt.

Ansonsten verlief der Montag ruhig in Ungarn. Eine kleine Gruppe aus dem Flüchtlingslager Vamosszabadi marschierte nach Györ, um von dort in den Westen zu reisen. Laut dem Portal "444.hu" durften Taxifahrer nun Flüchtlinge vom Auffanglager Vamosszabadi zum Györer Bahnhof transportieren. Zuvor habe es eine Vereinbarung zwischen Staat und Taxiunternehmen gegeben, die den Transport von Flüchtlingen nicht mehr unter Strafe stellt.

Am Ostbahnhof in Budapest starteten wieder internationale Züge nach Westeuropa. Immer weniger Flüchtlinge warten an den Bahnsteigen, von denen Züge nach Österreich und Deutschland abfahren. Die Transitzone in der Unterführung des Bahnhofes war nahezu leer. Die Migranten, ihre Zelte, Decken waren verschwunden. Lediglich Kleiderberge von Hilfsorganisationen lagen auf der Erde, bei denen sich vor allem Obdachlose bedienten. Vertreter einer arabischen Gemeinschaft aus Österreich boten Lebensmittel an einem Stand an - die Nachfrage war allerdings sehr gering.

Themenforum: Der Flüchtlingsansturm ist auch eine Chance für Österreich und Europa, weil…

(APA/dpa)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Polizei unterbindet Fluchtversuch
Außenpolitik

Flüchtlinge in ungarisches Sammellager zurückgebracht

Mehrere hundert Flüchtlinge brachen aus einer Erstaufnahmeeinrichtung an der serbischen Grenze aus und marschierten Richtung Budapest.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.