Wien-Wahl: Wer ist die bessere Autofahrerpartei?

(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Die grüne Verkehrspolitik polarisiert. Das nutzen ÖVP und FPÖ im Wahlkampf, um sich als Autofahrerpartei zu inszenieren, während eine Bürgerinitiative für Autofahrer aufbegehrt.

Wien. Tempo 30 in ganz Wien, neue Begegnungszonen auf zentralen Wiener Straßen, Radwege statt Fahrspuren, Ausweitung der Parkpickerlzone, Autos müssen von der Oberfläche verschwinden: Die Verkehrspolitik der grünen Vizebürgermeisterin Maria Vassilakou polarisiert. Und das führt zu einem Kuriosum: Am heutigen Mittwoch tritt eine Bürgerinitiative vor die Medien, die sich nicht für mehr Grünraum, sondern gegen „Schikanen, die den Autofahrern in den Weg gelegt werden, wehren“, so ein Sprecher des Vereins „Mein Auto – Initiative zur Förderung der individuellen Mobilität“.

Zehn-Punkte-Katalog

Dieser neue Verein wird heute einen Zehn-Punkte-Katalog für die künftige Wiener Stadtregierung vorlegen, mit denen „Schikanen für Autofahrer“ beseitigt werden sollen. Als Obmann des überparteilichen Vereins fungiert Burkhard Ernst, Bundesgremialobmann des österreichischen Fahrzeughandels. Neben drei weiteren Mitgliedern des Bundesgremiums für Fahrzeughandel ist auch Alexander Biach, Direktor des ÖVP-Wirtschaftsbunds Wien, im Vorstand. Die Autofahrerklubs Arbö und ÖAMTC unterstützen naturgemäß den Verein.

Das zeigt: Die grüne Verkehrspolitik polarisiert und verärgert nicht wenige Autofahrer. Das will die Opposition wahltaktisch nutzen. Immerhin sind in Wien circa 850.000 Fahrzeuge zugelassen, davon 700.000 private Pkw. Und diese Autofahrer sind freilich Wähler.

ÖVP-Chef Manfred Juraczka plakatiert mit seiner ersten Wahlkampfwelle (auch) „Stopp den Autofahrerschikanen“. Kein Wunder, hat Juraczka mit einer Pro-Autofahrer-Kampagne bereits äußerst gute Erfahrungen gemacht. 2012 konnte Juraczka rund 150.000 Unterschriften gegen eine Ausweitung des Parkpickerls sammeln, um eine Volksbefragung über die Ausweitung des Parkpickerls zu initiieren (die von der Stadtregierung aber nicht zugelassen wurde). Trotzdem konnte sich Juraczka als Gegenpart zur grünen Verkehrspolitik positionieren und versucht das nun nochmals. Die ÖVP sammelt Unterschriften „gegen Autofahrerschikanen“, 15.000 hat Juraczka bereits: „Ich halte viel von Tempo 30 bei Schulen, Spitälern et cetera. Aber sicher nicht auf Hauptverkehrsadern, wie es die Grünen wollen“, kritisiert der ÖVP-Chef und kündigt Widerstand gegen geplante Verkehrsberuhigungen von zentralen Wiener Straßen (Praterstraße, Landstraßer Hauptstraße) an: „Man will offenbar ein Chaos im Autoverkehr auslösen, damit die Wiener gezwungen sind umzusteigen – ob sie wollen oder nicht“, poltert er: „Ich bin zwar für die freie Wahl des Verkehrsmittels. Wenn jemand eine Gruppe aber so sekkiert wie Maria Vassilakou die Autofahrer, dann sind wir die Anwälte der Autofahrer.“

„Stenzel wird sich freuen“

Allerdings bekommt die ÖVP Konkurrenz: „Die FPÖ ist die Partei für die Autofahrer, weil die diskriminiert werden“, meint FPÖ-Verkehrssprecher und Parteimanager Toni Mahdalik. Diese Position plakatiere die FPÖ derzeit auch in ganz Wien.

Inhaltlich sind sich FPÖ und ÖVP einig: Mehr Parkplätze, weniger Tempo-30-Zonen, mehr Park-and-Ride-Anlagen. Einziger Unterschied ist das FPÖ-Wahlzuckerl, ein Gratisparkpickerl, mit dem jeder Wiener in ganz Wien stehen darf. Juraczka: „Da wird sich Frau Stenzel sehr freuen, wenn alle im ersten Bezirk parken – dank des FPÖ-Parkpickerls.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.09.2015)

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