Die Testerinnen: Kiang Wine & Dine

(c) Christine Pichler
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„Frauenweine“ und „Challenging“ bei Joseph Kiang.

Wie lang muss ein Stil in Quarantäne sein, bevor er wieder ausgegraben werden darf, als Dernier Cri? Schluppenblusen zum Beispiel, Standardkleidung eines 1980er-Sekretariats, sind jetzt laut Moderedakteur wieder da. Irgendwann wäre es sicher auch wieder witzig, ein chinesisches Lokal wie zu den Anfängen der österreichischen Sojasauce-Ära einzurichten, also: Drachenschnitz-Overkill in Rot-Gold, aber nicht nur als ängstliches „Zitat“. Joseph Kiang kann mit dieser unqualifizierten Äußerung wohl nichts anfangen, sein neues Lokal hat er anders eingerichtet. Nämlich schlicht, wie schon jenes am vorigen Standort, einem winzigen Schlauch am Yppenplatz. Von dort ist die Kiang-Weinbar unlängst neben die Servitenkirche an die Stelle eines ägyptischen Lokals gezogen. Ein Tisch neben der Miniküche mit Fenster, ein paar Tische im Schankraum, Schiefertafeln, Filzfliesen in Grau und Weiß an der Wand. Ein Schanigarten soll noch kommen.

(c) Christine Pichler

Das Essen braucht seinerseits auch ein Weilchen, bis es kommt. Die mitunter extremen Wartezeiten der Anfangswochen hat man hoffentlich bald im Griff, das Essen braucht indes nicht mehr viel Finetuning. Die Karte ist lang, die meisten Gerichte der über 30 angebotenen, aber nicht immer verfügbaren bleiben unter zehn Euro. Durchkosten ist das Motto. Seidentofu mit Bonitoflocken und Szechuanpfeffer: simpel, kühl, ätherisch (5,20 €). Seidig die Teigtaschen mit verschiedenen Füllungen (6,20 €). Die chinesischen Burger mit Schweinsbauch, Jungzwiebel und Koriander dürfen sich in der aktuellen Burgerflut zu den besseren zählen (8,80 €). In der Rubrik „Challenging“ (3–6,20 €) laufen etwa Schweinsohrensalat, Lammsulz mit Reisessig oder Quallensalat mit Gurke, allesamt absolut nicht furchterregend, nur zu. Manches braucht man nicht unbedingt zu bestellen, das Goldbrassenfilet in Sojasauce um 10,20 € etwa ist eine allzu übersichtliche und wenig aufregende Sache. Überaus freundlich hingegen die Weinpreise: Die nicht eben kleine Flaschenkarte gliedert sich in Kapitel wie „Pinot around the World“ oder „Frauenweine“ (nein, keine süßen, gerüschten Pinkigkeiten, sondern Weine von Frauen wie Judith Beck), und angesichts der Preise schwingt auch hier das Motto mit: Durchkosten. Und Zeit mitbringen.

Info

Kiang Wine & Dine, Grünentorgasse 19, 1090 Wien, Tel.: 0664/515 36 33, Di–Sa: 15–24 h, So: 12–17 h.

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