Tetron-Prozess: Mensdorff-Pouillys Geheimnisse

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ARCHIVBILD: BLAULICHTFUNK-ANKLAGE / MENSDORFF-POUILLY(c) APA/GEORG HOCHMUTH (GEORG HOCHMUTH)
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Im Untreueprozess um die Vergabe des Blaulichtfunksystems lieferte Alfons Mensdorff-Pouilly Einblicke ins Lobbyistenleben; Ex-Telekom-Chef Rudolf Fischer war nervlich „am Ende“.

Wien. Zwei prominente Angeklagte – beide im Licht der (Gerichtssaal-)Öffentlichkeit, beide unter Druck, beide in ungewohnter, geradezu diskussionswürdiger Rolle: hier der ÖVP-nahe Lobbyist Alfons Mensdorff-Pouilly, da der frühere Festnetz-Vorstand der Telekom Austria (TA), Rudolf Fischer.

Das Straflandesgericht Wien war am Mittwoch quasi die Kulisse für die Fortsetzung des Untreueprozesses um die vor mehr als einem Jahrzehnt erfolgte Vergabe des Blaulichtfunksystems. Mensdorff-Pouilly dozierte polternd und launig zugleich über die untrennbar mit ihm verbundenen Themen Lobbyismus und Beratung. Fischer hingegen fand sich zuletzt in einer regelrechten Ausnahmesituation wieder. Er griff sich an den Kopf und sagte resignierend: „Ich bin am Ende meiner Kräfte.“

Der Reihe nach: Beiden Angeklagten wird Untreue bzw. Beteiligung an der Untreue vorgeworfen. Beide bekennen sich nicht schuldig. Basis der Anklage: Die 2003/2004 vom damaligen ÖVP-Innenminister Ernst Strasser vorgenommene Neuvergabe eines digitalen Behördenfunksystems für die Blaulichtorganisationen Rettung, Polizei, Feuerwehr. Den Zuschlag bekam ein Konsortium aus Motorola und Alcatel – mit der Telekom Austria als Partner und Infrastrukturlieferanten.

Was geschah mit 1,1 Millionen?

Nach der Vergabe flossen laut dem Kronzeugen, dem Ex-Telekom-Finanzvorstand Gernot Schieszler, 1,1 Millionen Euro von der TA an Mensdorff-Pouilly. Staatsanwalt Volkert Sackmann nimmt an, dass diese Summe auch mögliche Bestechungsgelder abgedeckt hat. Er kann dies aber ausdrücklich nicht beweisen und bringt daher „nur“ Untreue zulasten der Telekom zur Anklage.

Mensdorff erklärte am Mittwoch, er habe damals Fischer beraten. Es sei darum gegangen, dass die TA nicht Teil des Konsortiums, sondern nur (mit weniger Risiko ausgestatteter) Partner sein wollte. Er, Mensdorff, hätte ausloten sollen, ob Motorola mit dieser Lösung leben könne, oder ob das Unternehmen vielleicht einen Konkurrenten der TA ins Boot holen wolle.

Auf Nachfrage des Gerichtssachverständigen Georg H. Jeitler (Fachgebiete: Wirtschaftswerbung, Wirtschaftskommunikation): „Wie ordnen Sie Ihre Tätigkeit ein?“, wiederholte Mensdorff: „Berater.“ Jeitler: „Unternehmensberater?“ Mensdorff: „Das wäre zu hoch für mich, einfach: Berater.“ Dann gab Mensdorff an, dass er sich damals ein Honorar von 800.000 Euro vorgestellt habe – ein Prozent der Untergrenze des von der TA erwarteten Geschäftsvolumens von 80 bis 100 Millionen Euro.

Die Treffen mit Fischer seien diskret verlaufen („Wenn ich dauernd zu ihm ins Büro komme, fragen ihn die Leute: Heast, bist du mit dem Mensdorff verheiratet?“). Dass es manchmal öffentliche Orte gewesen seien, sei kein Widerspruch. Allein das Beispiel, das Mensdorff hiefür brachte, schien nicht unbedingt treffend: „Wenn er sagt: Ich bin morgen bei der Caritas Suppe essen, bist du auch dort und ich bin auch dort, dann treffen wird uns eben gleich dort.“ Im Imperial sei man ja auch nicht ungestört. Und wenn bei einem Treffen in der Öffentlichkeit „200 Leute“ anwesend seien, „dann macht das ja nichts“. Denn: „Wenn jemand fragt: Was macht's ihr da?, sag ich: Wir reden übers Golfen.“ Diskretion sei laut Mensdorff auch deshalb nötig gewesen: „Durch die Medien war mein Ruf nicht der beste.“ Er sei als Waffenhändler, der er nicht sei, bezeichnet worden. „Ein Waffenhändler in der Telekom macht sich nicht gut.“ Außerdem: „Meine Alte hatte eine politische Funktion.“ Mensdorff ist mit Ex-ÖVP-Gesundheitsministerin Maria Rauch-Kallat verheiratet.

Auf die Frage des Sachverständigen, welche Personen Mensdorff getroffen habe, sagte dieser: „Ich sage Ihnen sicher nicht alle, die ich getroffen habe.“ Denn: „Ich bin erst 62“. Und er wolle noch eine Weile im Geschäft bleiben, ergänzte der Lobbyist, der sich an dieser Stelle auch als „geschlagenen Hund“ bezeichnete. Aber, so Mensdorff lächelnd: „Ich sage es Ihnen gern unter vier Augen.“

„Er war für mich wie ein Coach“

Nach Lächeln war dem zweiten Angeklagten, Rudolf Fischer, nicht zumute. Nach einem Frage-und-Antwort-Marathon mit dem Sachverständigen ließ er wissen: „Ich kann nicht mehr, ich bin am Ende meiner Kräfte, ich muss passen, es tut mir furchtbar leid.“

Thema der vorangehenden Befragung: Warum wurde Mensdorff überhaupt beigezogen? Was soll dessen Leistung gewesen sein? Fischer verteidigte die Beratertätigkeit durch Mensdorff. „Er hat mir wahnsinnig geholfen. Er war wie ein Coach, wie ein Sparringpartner.“ Als Vorstand der Telekom sei es ihm sehr wohl zugestanden, sich einen Berater zu nehmen.

Heute, Donnerstag, soll Ex-TA-Chef Hannes Ametsreiter per Videokonferenz mit Deutschland als Zeuge einvernommen werden. Wann die Urteile gefällt werden, ist noch unklar.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.09.2015)

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